Deutsche Überwachungssoftware für ägyptische Staatssicherheit?

Eine Münchener Firmengruppe soll über einen ägyptischen Vertragspartner Abhörsoftware an die ägyptische "Allgemeine Staatssicherheit" geliefert haben. Mit dem Programmpaket soll die Überwachung von E-Mail und Skype über Spionageprogramme möglich sein.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Münchener Firmengruppe Gamma/Elaman soll über einen ägyptischen Vertragspartner Abhörsoftware an die ägyptische "Allgemeine Staatssicherheit" geliefert haben. Dies behauptet das ARD-Studio Kairo unter Berufung auf einen vorliegendes Kaufangebot (PDF-Datei).

Am vergangenen Samstag stürmten rund 2000 jugendliche Aktivisten der Demokratiebewegung ein von Soldaten umstellte Gebäude der "Allgemeinen Staatssicherheit" in Nasr City unweit von Kairo. Die Soldaten ließen die Demonstranten passieren, die die Räume durchsuchten, um Akten der Spitzelbehörde sicherzustellen. Die "Allgemeine Staatsicherheit" hatte nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung etwa 100.000 Mitarbeiter und unterhielt ein großes Netzwerk von Informanten. Bei der Suche nach Dokumenten, die die Folterungen von Regimegegnern belegen sollen, fand der Aktivist Mustafa Hussein eine Akte mit dem Vermerk "Streng geheim", in der eine Gamma International der Staatssicherheit Mitte 2010 die Installation der Programmsuite Finfisher anbietet, inklusive Einweisung, Training und einem optionalen zweijährigen Support. Im Angebot enthalten sind die Programme FinSpy für Windows und Mac OS X, Fintrusion Kit und FinFly Lite. Mit dem Programmpaket soll die Überwachung von E-Mail (SMTP/POP3, Webmailer) und Skype über Spionageprogramme möglich sein. Auch das Abhören und beobachten von Räumen biete die Software, wenn die mit FinSpy infizierten Rechner Kameras und Mikrofone besitzen.

Sucht man nach diesen Programmen, so finden sich Diskussionforen, in denen sich pakistanische und nahöstliche Spezialisten über die Software unterhalten. Hervorgehoben wird die Tatsache, dass die Überwachungssoftware mit einem Trojaner aufgespielt wird, der sich als Fake-Update gängiger Software ausgibt und von gefälschten Websites heruntergeladen wird. Außerdem wird betont, dass die Software von gängigen Antivirenprogrammen nicht erkannt wird. Technisch soll die Programmsuite von Finfisher auf BackTrack Toolkit beruhen, heißt es weiterhin.

Die Website der Gamma Group nennt eine Vielzahl von Tochterfirmen, unter ihnen eine Firma Elaman, vertreten durch die Geschäftsführer Holger Rumscheidt und Eugen Fißl. Für Rumscheidt führt der Blogger Felix Leitner enge Verbindungen zu einer Abteilung von Siemens an, die wiederum nach Angaben des Spiegel mit dem Bundesnachrichtendienst verflochten sein soll. Für weitere Informationen verweist die Gamma Group auf ihre Teilnahme an Messen wie der ISS World Europe.

Die Gamma Group war für eine Stellungnahme bisher nicht zu erreichen. In einem Interview mit einem Schweizer Programmierer, der an der Entwicklung von Trojanern gearbeitet hatte, nennt dieser das Geschäft mit Überwachungssoftware einen "lukrativen" Markt, in den viele Firmen eintreten wollen: "Eine Firma wie die Gamma Group, welche sich auch Bereich IT-Intrusion und -Überwachung als Experten sieht und auch in Deutschland tätig ist, hätte gewiss ein Interesse daran, bei den entsprechenden Stellen vorstellig zu werden." (jk)