Das "Recht auf Vergessen" vor Gericht

Die spanische Justiz befasst sich derzeit mit einem Streit zwischen der Regulierungsbehörde und Google über Aufforderungen, persönliche Informationen aus dem Suchindex zu nehmen. Möglicherweise wird sich demnächst ein EU-Gericht damit befassen.

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Die in Europa seit einigen Monaten geführte Diskussion um das "Recht auf Vergessen" im Internet bekommt aus Spanien neue Nahrung. Dort wird der Internetdienstleister Google mit rund 80 Aufforderungen der Regulierungsbehörde Comisión del Mercado de las Telecomunicaciones (CMT) konfrontiert, Informationen über Personen aus seinem Suchindex zu streichen. Google habe daraufhin angekündigt, gegen die meisten Aufforderungen juristisch vorzugehen, berichtet das Wall Street Journal.

Im Januar seien die ersten fünf Beschwerden vor einem spanischen Gericht angehört worden. Zu einer Entscheidung dazu sei es bislang noch nicht gekommen, doch nun erwäge das Gericht, die Angelegenheit dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg zu übergeben, heißt es in dem Zeitungsbericht, der sich auf eine eingeweihte Person beruft.

Für Google-Manager Peter Barron käme ein solcher Schritt recht. Er sagte laut Wall Street Journal, dann würde geklärt werden, ob die spanischen Regulierer im Sinne des europäischen Datenschutzrechts ihre Kompetenzen überschritten haben. Die CMT meint, die Prinzipien der Pressefreiheit seien wohl auf Zeitungen und ähnliche Medien anzuwenden, nicht aber auf Internetsuchmaschinen. Wenn eine Suchanfrage bei Google und anderen dazu führen kann, dass viele persönliche Informationen über einen Menschen zu Tage kommen, müsse dieser das Recht haben, diese zu entfernen. Google sieht darin eine Form der Zensur.

Bei einem der rund 80 Fälle handelt es sich um den eines spanischen plastischen Chirurgen, der in einem Artikel der Zeitung El País erwähnt wird. Der am 28. Oktober 1991 erschienene Artikel berichtet über den Fall einer 21 Jahre alten Frau, die sich bei dem Arzt einer Brust-Operation unterzogen hatte und nach Komplikationen vor Gericht 500 Millionen Peseten (3 Millionen Euro) Schadenersatz einklagen wollte. Unklar ist laut Wall Street Journal, ob die Frau Geld erhalten hat. Der Arzt hat sich an die CMT gewandt, damit diese dafür sorgt, dass der Artikel nicht mehr wie bisher auf der ersten Ergebnisseite erscheint, wenn nach seinem Namen gesucht wird.

EU-Justizkommissarin Viviane Reding lässt derzeit die bestehende Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995 überprüfen. Angesichts der Debatte um Googles Kartendienst Street View und das Online-Netzwerk Facebook hat die Kommissarin Zweifel, dass das Gesetzeswerk noch zeitgemäß ist. Ziel ist es, dass Internet-Nutzer mehr Kontrolle über ihre privaten Daten im Netz bekommen und diese einfach löschen können. Der Gerichtshof könnte mit einer Entscheidung hier eine Richtung weisen. In Deutschland wurde im Januar der "digitale Radiergummi" vorgestellt, mit dem ins Internet hochgeladene Bilder ein "Verfallsdatum" bekommen sollen – eine "Luftnummer", wie eine Analyse von heise Security ergab. (anw)