Mangelhafte Kontrolle des Bankdaten-Transfers in die USA gerügt

Das Brüsseler Konzept, wonach Europol über Gesuche der US-Ermittler zur Abfrage von Überweisungsinformationen des Finanznetzwerks SWIFT wachen soll, geht bislang nicht auf. Das Kontrollgremium der Behörde hat gravierende Datenschutzmängel festgestellt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 49 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das Brüsseler Konzept, wonach Europol über die Gesuche der US-Ermittler zur Abfrage von Überweisungsinformationen des Finanznetzwerks SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) wachen soll, geht bislang nicht auf. Das Kontrollgremium des Europäischen Polizeiamtes hat in einem jetzt publizierten Ausschnitt (PDF-Datei) seines ersten Berichts über die Anwendung des entsprechenden transatlantischen Abkommens gravierende Mängel bei der Gewährleistung der Privatsphäre der EU-Bürger festgestellt. Die im November durchgeführte Überprüfung habe "Anlass zu ernster Besorgnis über die Einhaltung der Grundsätze des Datenschutzes" gegeben, heißt es in einer Mitteilung (PDF-Datei), die die Überwacher der Überwacher herausgegeben haben.

Die Europol-Kontrolleure monieren im Einzelnen, dass die bei der Behörde bis zum Prüftermin von US-Seite eingegangenen vier schriftlichen Anträge nicht spezifisch genug gewesen seien, um überhaupt eine Entscheidung über ihre Genehmigung oder ihre Ablehnung zu erlauben. Trotzdem habe Europol jedem der abstrakten Ersuche, die sich in der rudimentären Beschreibung der gewünschten Bankdaten nicht unterschieden, ohne Einschränkungen stattgegeben. Die Behörde habe zu ihrer Rechtfertigung zudem darauf hingewiesen, dass "mündliche Informationen" der US-Gegenstelle bei den Entscheidungen mit ausschlaggebend gewesen seien. Darüber seien aber keine Aufzeichnungen erstellt worden.

Die Kontrollinstanz kritisiert daher, dass dieses Verfahren die eigene Arbeit behindere. Man sei nicht in der Lage gewesen zu beurteilen, ob die Menge der von SWIFT an die USA übermittelten Informationen den Vorgaben des Übereinkommens rund um das "Terrorist Finance Tracking Program" (TFTP) entspreche. Dies schreibe vor, dass Datenübertragungen verhältnismäßig und zur Terrorismusbekämpfung erforderlich sein müssten. Das Gremium betont weiter, dass man den gesamten Überprüfungsreport nicht öffentlich zur Verfügung stellen dürfe, da Europol einen Großteil der darin erhaltenen Informationen als geheim einstufe. Über die unzureichende Informationspolitik des Polizeiamtes und der EU-Kommission in der Frage der Anwendung des TFTP-Vertrags hatte sich zuvor auch die Bundesregierung schon schwer besorgt gezeigt.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht mit den Erklärungen der Kontrolleure eigene Befürchtungen bestätigt und beklagt "massive Defizite". Er bewertete es als "äußerst kritisch, dass die geheimen Feststellungen der Öffentlichkeit und auch dem Europäischen Parlament nicht mitgeteilt werden sollen". Europol müsse im Interesse der EU-Bürger sicherstellen, "dass die Beschränkungen und Verfahrensvorgaben durch die US-Anfragen strikt beachtet werden". Dies sei nach den Feststellungen der Kontrollinstanz nicht der Fall. Für Schaar ist daher die bereits im Vorfeld der Absegnung des Abkommens gestellte Frage aktueller denn je, ob die EU-Polizeibehörde die ihr zugewiesene Wächterfunktion überhaupt angemessen wahrnehmen könne und wolle. Die politisch Verantwortlichen auf europäischer und nationaler Ebene rief der Datenschützer auf, die zu Tage getretenen Mängel umgehend zu beseitigen. Konstantin von Notz, innen- und netzpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, befand die Ergebnisse des Prüfberichts zum SWIFT-Datenaustausch für niederschmetternd: "Die Konsequenz kann nur die umgehende Aufkündigung des bestehenden Abkommens sein." (jk)