Linus Torvalds: Android verstößt nicht gegen die GPL

Linux-Erfinder Linus Torvalds hat den vergangene Woche erhobenen Vorwurf entkräftet, Google verstoße mit der zentralen Android-Bibliothek Bionic gegen die GPL.

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Von
  • Dr. Oliver Diedrich

Linux-Erfinder Linus Torvalds hat gegenüber der IT-Site IT World den Vorwurf entkräftet, Google verstoße mit der zentralen Android-Bibliothek Bionic gegen die GPL. Bionic verwende den Linux-Kernel genau so, wie es die Kernel-Entwickler vorgesehen haben – als Schnittstelle zu den Kernel-Funktionen. "Wir haben immer sehr deutlich gemacht, dass die Verwendung der System-Call-Schnittstelle des Kernels in keiner Weise zu einem abgeleiteten Werk im Sinne der GPL führt", erklärte Torvalds. Der erste Absatz der Kernel-Lizenz (Datei COPYING in den Kernelquellen) enthält seit vielen Jahren eine entsprechende Passage.

Torvalds spekuliert in seiner Antwort an IT World weiter, die Behauptungen könnten politisch motiviert sein oder einfach von jemandem stammen, der damit Aufmerksamkeit erregen will. "Wenn es ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit ist, würde ich mir wünschen, dass diese Leute lieber ein eigenes Sex-Video veröffentlichen oder etwas Ähnliches tun, statt den Linux-Kernel in ihr schmutziges Geschäft hineinzuziehen", kommentierte Torvalds.

Vergangene Woche hatte Florian Müller unter Berufung auf eine Analyse des auf Urheber- und Patentrecht spezialisierten Anwalts Edward Naughton dargelegt, dass Google in Bionic Header-Dateien des Linux-Kernels verwende und die Bibliothek daher als vom Kernel abgeleitetes Werk unter der GPL stehen müsse. Die verwendeten Kernel-Header definieren Konstanten, Makros und Datenstrukturen, die nötig sind, um die System Calls des Kernels zu nutzen. Eine GPL-lizenzierte Bionic wiederum, so Müllers weitere Argumentation, würde erzwingen, dass alle Android-Anwendungen ebenfalls unter GPL stehen müssten, was seiner Meinung das kommerzielle Ökosystem um Android zerstören würde. Google hat Bionic unter die BSD-Lizenz gestellt, die keinerlei Vorgaben für darauf aufsetzende Programme macht. Bionic ist die C-Bibliothek von Android und bildet analog zur Glibc in Desktop- und Server-Distributionen die zentrale Schnittstelle zwischen Anwendungen und Kernel.

Müller hat unterdessen nachgelegt. Offenbar in Unkenntnis der Ausführungen von Torvalds – er meint, bislang habe niemand den rechtlichen Aspekten seiner Bionic-Analyse widersprochen – spekuliert er jetzt, dass es auch mit dem Bluetooth-Stack im Android-Kernel sowie mit dem in Android 2.3 hinzugekommenen Dateisystem Ext4 ähnliche Probleme wie mit Bionic geben soll. Ein Kommentar von Torvalds dazu steht noch aus. (odi)