Positionen der Parteien zu freier Software

Die Free Software Foundation Europe hat Parteien, die sich am Wochenende in Baden-WĂĽrttemberg und Rheinland-Pfalz zur Wahl stellen, zu ihrer Position zu freier Software befragt.

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Die Free Software Foundation Europe (FSFE) hat Parteien, die sich am kommenden Wochenende in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur Wahl stellen, zu ihrer Position zu freier Software befragt. Die FSFE schickte den Landesverbänden von CDU, Die Grünen, Die Linke, FDP, ÖDP, Piratenpartei und SPD sowie in Baden-Württemberg Der PARTEI sechs Fragen zu den Themen Förderung freier Software, Monopole auf dem Softwaremarkt, offene Standards, freie Software in Bildungseinrichtungen, Werbung für unfreie Software auf Behördenseiten im Internet sowie Softwarepatente.

Die CDU antwortete weder in Baden-Württemberg noch in Rheinland-Pfalz. Auch die SPD-Landesverbände beantworteten keine der Fragen, schickten aber zumindest allgemeine Stellungnahmen: Für die SPD in Baden-Württemberg kommt dem Urheberrecht wegen der "überragenden Bedeutung von Wissen und Kultur im digitalen Zeitalter" eine große Bedeutung zu, weshalb ein fairer Ausgleich zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern gefunden werden müsse. Freie Software sei dabei ein Aspekt in der allgemeinen Netz- und Gesellschaftspolitik. Wichtig sei es, Baden-Württemberg fit zu machen für das digitale Zeitalter.

Die rheinland-pfälzische SPD, die in dem Bundesland die Regierung stellt, sieht freie Software als Schritt zur Überwindung der "digitalen Kluft", da sie frei sei von "Barrieren wie Softwarepatenten, restriktiven Lizenzbedingungen und hohen Anschaffungskosten". Man bemühe sich, kommerzielle und freie Software parallel anzubieten; Schulen beispielsweise hätten die Wahl zwischen MNS+ von Microsoft und Skolelinux. In diesem Zusammenhang verweist die Partei darauf, dass die "Gesamtausgaben für Microsoft-Software in der Landesverwaltung auf Grund äußerst günstiger Bezugskonditionen jährlich nur einen geringen Anteil des Gesamtbudgets für IKT" ausmachen.

Die Grünen in Baden-Württemberg wollen freie Software in Landesbehörden und Bildungseinrichtungen intensiver nutzen, die politischen Rahmenbedingungen für offene Standards schaffen und mit Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle bei freier Software einnehmen. Monopole will man verhindern; es müsse aber noch geklärt werden, "ob die Änderung des Patentrechts dazu beitragen kann". Auf jeden Fall setze man sich " für eine Reform des Urheberrechts ein, damit auch freie Software bessere Chancen hat". Auch für die rheinland-pfälzischen Grünen sollen "freie Software, offene Formate und innovative Lizenzen" stärker als bisher in Behörden und Bildungseinrichtungen genutzt werden, "weil sie kostengünstiger, energiesparender und grundsätzlich sicherer sind". Freie Software und offene Formate seien ein elementarer Bestandteil einer "auf die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer ausgerichteten Netzpolitik". Offene Standards wolle man fördern, Softwarepatente lehne die Partei ab.

Die Linke will freie Software und offene Standards in Behörden und im Bildungsbereich fördern, auch um damit Monopole durchbrechen zu können. Softwarepatente lehnt die Partei ab, die rheinland-pfälzische Linke hält das Urheberrecht für ausreichend. Besonders ausführlich und konkret antwortete der baden-württembergische Landesverband, der der FSFE anbietet, nach der Landtagswahl über konkrete Maßnahmen zu diskutieren. So wolle man sich nach dem Einzug in den Landtag für die Verpflichtung der Behörden auf offene Standards und die stärkere Berücksichtigung freier Software im Computerunterricht an den Schulen einsetzen sowie auf europäischer Ebene für ein explizites Verbot von Softwarepatenten erreichen.

Die FDP in Rheinland-Pfalz will die Entscheidung zwischen freier und proprietärer Software dem Markt überlassen. Die Quasi-Monopole in der IT seien eine "Gefahr für Kreativität und Innovation", politische Vorgaben etwa an Schulen und Unis lehne man jedoch ab. Die Information über Open Source in Behörden und im Bildungsbereich müsse aber verbessert werden. Softwarepatente hält die rheinland-pfälzische FDP ebenso wie die Kollegen von der Linken für unnötig, das Urheberrecht biete für Software Schutz genug. Für die baden-württembergische FDP reichte die Zeit für eine Antwort nicht aus, sie will aber gerne nach der Wahl Stellung beziehen.

Die beiden ÖDP-Landesverbände lieferten wortgleiche Antworten: Die ÖDP fordere die Umstellung aller Behörden und staatlicher Einrichtungen auf freie Software, lehne Softwarepatente ab und wolle den Schutz der Verbraucher gegen Herstellermonopole in die Waagschale werfen, offene Standards in der Verwaltung einführen und freie Software in Schulen und an Unis fördern. Auch die Landesverbände der Piratenpartei sind sich in der Sache einig: Alle staatlichen Institutionen inklusive Bildungseinrichtungen sollten ausschließlich freie Software verwenden und so Herstellerabhängigkeit vermindern und Marktanreize setzen. Die Partei trete konsequent für offene Standards ein und lehne Softwarepatente ab.

Die PARTEI, die nur in einem Wahlkreis in Baden-Württemberg antritt, "liebt GNUs", hält Computer jedoch für Teufelszeug, mit dem man nichts zu tun haben möchte. Auf Nachfrage erklärte man, dass noch zu klären sei, ob "Gnus, Pinguine oder andere Tiere in der öffentlichen Verwaltung einen angemessenen Lebensraum haben". Artenvielfalt sei auf jeden Fall ein erklärtes Ziel. (odi)