IBM und Oracle propagieren Java-Renaissance

Vertreter der beiden Java-Protagonisten haben auf der EclipseCon 2011 versichert, dass die beiden Konzerne alles dafür tun würden, dass Java die Nummer eins unter den Entwicklungsplattformen bleibt.

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Von
  • Alexander Neumann

Mark Reinhold, Chefarchitekt der Java Platform Group bei Oracle und schon zu Sun-Zeiten verantwortlicher Ingenieur der Java-Entwicklung, hätte sich sicherlich vor wenigen Jahren kaum einmal ausgerechnet, einen Keynote-Vortrag auf der EclipseCon zu halten. Zu Sun-Zeiten waren sich die Entwickler hinter den am verbreitetsten Java-Entwicklungsumgebungen Eclipse (IBM) und NetBeans (Sun) zwar nicht gerade spinnefeind, aber auch auch nicht eben wohlgesonnen. Noch zu Anfangszeiten der EclipseCon Mitte der 2000er-Jahre gab es Pro-NetBeans-Aktionen vor der Eclipse-Konferenz, und Sun hatte – vielleicht verständlicherweise – wiederholt die Einladungen aus dem Lager der Eclipse Foundation ausgeschlagen, der Open-Source-Organisationen beizutreten.

Doch die Zeiten haben sich mit der Übernahme Suns durch Oracle vor etwas mehr als einem Jahr geändert. Oracle ist langjähriges Mitglied der Eclipse Foundation und wirkt bis heute bei zahlreichen, für den Konzern relevanten Eclipse-Projekten aktiv mit. Auch zieht er seit der letzten JavaOne im September des letzten Jahres merklich das über mehrere Jahre schleichende Tempo der Java-Entwicklung an. So wird im Juli mit großer Wahrscheinlichkeit Java 7 erscheinen (derzeit steht der Termin auf dem 28. Juli), die erste Version der Sprache nach nahezu fünf Jahren.

Rückendeckung erhielt der neue Java-Statthalter im Herbst, als IBM und Apple ankündigten, mit Oracle im Rahmen des OpenJDK zusammenarbeiten zu wollen. So verwundert es aus heutiger Sicht schon weniger, dass Reinhold und IBMs Distinguished Engineer John Duimovich diese Woche vor die Eclipse-Community traten, um gemeinsam eine "Java-Renaissance" zu preisen und zu versprechen, dass ihre Unternehmen alles dafür täten, dass Java die Nummer eins bleibe. Das Interesse der beiden ist verständlich, basiert bei Oracle bis auf die eigene Datenbank nahezu die gesamte Produktpalette auf Java, und zudem setzen die Applikationen von Oracles Fusion-Middleware die Sprache voraus. Insgesamt seien 20.000 Java-Entwickler bei Oracle beschäftigt, sagte Reinhold.

Auch viele IBM-Produkte setzen auf Java auf, und der Konzern hat sogar anscheinend das Interesse, Kunden des von IBM aufgegebenen Harmony-Projekts weiterhin zu unterstützen. Aus der Entwicklung der bei der Apache Software Foundation beheimateten Java-Implementierung hatte IBM im letzten Herbst seine Entwickler abgezogen, nachdem Oracle die für die offizielle Java-Zertifizierung benötigten Java Test Compatibility Kits (TCKs) auch weiterhin dem Open-Source-Projekt verweigern wird. IBMs Java-Entwickler werden nun den Fokus auf Klassenbibliotheken und bessere Internationalisierungen für Java setzen. Derzeit ist man bei IBM dabei, den Transfer von IBMs Java-Entwicklung Richtung OpenJDK vorzubereiten.

Uneins waren sich IBM und andere Java-Entwickler sowie Sun/Oracle im Umfeld der Modularisierung von Java. Mehrere Versuche im Java Community Process (JCP) scheiterten, und Oracle beschied bis heute die dieses Thema angehende und (auch durch Eclipse) weitverbreitete OSGi-Architektur als zu komplex für die Java Standard Edition (Java SE). Das übernächste und für Ende 2012 versprochene Java Development Kit (JDK) 8 soll das Thema nun angehen – Project Jigsaw heißt hier das Schlagwort. Es soll die Grundlage schaffen, dass diese Java-Version mit OSGi zusammen funktioniert. Reinhold schaute sogar noch über den Rand von Java 8 hinaus und ging auf für Java 9 denkbare Funktionen wie die Unterstützung für Multi-Core-Prozessoren, NUMA (Non-Uniform Memory Architecture), Mandantenfähigkeit, BigData und Hypervisor-Integrationen ein.

Reinhold begrüßte Oracle ausdrücklich als neuen Arbeitgeber, der die Möglichkeiten biete, dass die Java-Entwicklung zügiger vorangehe. Tatsächlich lässt sich aus alledem ableiten, dass sich innerhalb der letzten Zeit einiges getan hat und für die jüngere Java-Zukunft einiges zu erwarten sein könnte, nachdem über Jahre hinweg die Java-Entwicklung doch eher still stand. Dafür wird allerdings die Java-Community wohl in Kauf nehmen müssen, allen Beteuerungen Oracles zum Trotz, dass Reinholds Arbeitgeber und IBM in der Java-Entwicklung eine dominantere Rolle einnehmen, als manchem Open-Source-Propagandisten lieb ist, auch wenn immer wieder andere Big Player wie Red Hat, VMware (SpringSource) und Google genannt werden. Den Kunden ist hingegen ein fortschrittlicheres Java sicherlich recht. (ane)