Softwarepatent-Allmende für Open-Source-Projekte

Die Open Source Development Labs (OSDL) wollen eine Datenbank mit Patenten aufbauen, die gezielt für die Nutzung in freier Software freigegeben sind.

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Die Open Source Development Labs (OSDL) wollen eine Datenbank mit Patenten aufbauen, die für die Nutzung in freier Software freigegeben sind. Die "Softwarepatent-Allmende" soll es Open-Source-Entwicklern einfacher machen, möglichen Streitigkeiten wegen der Verletzung des geistigen Eigentums von Rechtehaltern von vornherein teilweise aus dem Weg zu gehen. "Das Projekt zielt darauf ab, den besten Nutzen aus der wachsenden Zahl an Patentspenden und Versprechen des vergangenen Jahres zu ziehen, indem wir ein zentrales Register für das geistige Eigentum vorhalten", erklärte der OSDL-Chef Stuart Cohen am gestrigen Dienstag auf der LinuxWorld in San Francisco. Gleichzeitig forderte er die Industrie auf, noch mehr Patente für den Pool zur Verfügung zu stellen.

Der zwanzigjährige Monopolschutz, der mit der Gewährung eines Patent einhergeht, gilt allgemein als große Bedrohung für die Software-Entwicklung. Kritiker befürchten, dass sich das Programmieren mit den "intelligenten Bomben" zu einem Lauf über ein rechtliches Minenfeld entwickelt. Während sich große Softwarekonzerne mit Kreuzlizenzierungen einige Rechtsstreitigkeiten ersparen können oder die Kosten für deren Ausfechtung nicht scheuen, steht Open Source im Zentrum der auch in Europa geführten und mit dem "Nein" des EU-Parlamentes zu einer entsprechenden Richtlinie nur kurzfristig abgeflauten hitzigen Debatte um Softwarepatente. Die weltweit verstreuten Einzelentwickler können sich kaum gegen patentrechtliche Angriffe zur Wehr setzen, während ihr Quellcode gleichzeitig offen ist und sich einfacher auf eventuelle Verletzungen prüfen lässt. Eine Versicherung, die aus dieser offenen Flanke ein Geschäft zu machen sucht, will allein in einer einzelnen Linux-Komponente 283 Patentverletzungen ausgemacht haben.

Andererseits haben in den vergangenen Monaten Firmen wie IBM, Nokia, Novell, Red Hat oder Sun Microsystems entweder eigene Patentbestände gezielt für die Verwendung unter Open-Source-Lizenzen zur Verfügung gestellt oder sogar angekündigt, ihr geistiges Eigentum defensiv zum Schutz von freier Software einzusetzen. Diese Bestrebungen und die dahinter stehenden Lizenzen will die OSDL-Initiative nun bündeln und eine zentrale Anlaufstelle für die frei gegebenen Erfindungen sowie die davon möglicherweise betroffenen Codezeilen schaffen. Das geistige Eigentum selbst soll aber nicht in die Hände der OSDL übergehen. Mit der geplanten Allmende werde die von Softwarepatenten auf dem Open-Source-Gebiet angerichtete Misere zwar nicht gänzlich beseitigt, diese aber zumindest gelindert. Es gehe um die Signalwirkung, betonte Cohen, dass ein Patenthalter seine Rechte nicht dafür einsetzen wolle, "um Innovationen zu verhindern". Die in Oregon beheimateten Labs selbst sind eine Non-Profit-Einrichtung, die sich der Verbreitung von Open-Source-Software verschrieben hat und unter anderem auch Linux-Vater Linus Torvalds zu ihren Mitarbeitern zählt.

Vorreiter der Open-Source-Gemeinde und Softwarepatentgegner haben die Ankündigung mit einer Art konstruktiver Vorsicht aufgenommen. Die Pool-Initiative schaffe einen Weg für die Entwickler freier Software, um patentgeschützte Codezeilen zum Teil mit der eigenen Programmiertätigkeit zu verbinden, glaubt Eben Moglen, Rechtsexperte der Free Software Foundation (FSF) und Vorstandsmitglied beim Software Freedom Law Center. Es handle sich um einen Versuch, das Patentrecht wieder für den Austausch von Programmelementen zu öffnen. Solches "Flickwerk" sei die einzige Option für die Software-Industrie, solange eine echte Reform des Patentsystems noch nicht absehbar sei.

Skeptischer äußert sich Florian Müller, Gründer der Kampagne NoSoftwarePatents.com. "Dies wird nur dann ein wirklicher Schutzschild sein, wenn man gezielt Patente anhäuft, mit denen sich im Ernstfall auch Gegenklagen gegen die Feinde von Open Source anstrengen lassen", gibt der Lobbyist zu bedenken. Mit Softwarepatenten sei es wie im kalten Krieg: Der einzige Schutz bestehe im Gleichgewicht des Schreckens. Die vermeintlichen Patentgeschenke von Firmen wie IBM und Sun allein hätten in dieser Hinsicht nichts für Open Source gebracht. Aus der OSDL-Ankündigung könnte sich laut Müller aber "wesentlich mehr entwickeln". Er warnte aber auch vor dem Risiko, "dass große Patenthalter, von denen ja einige zu den OSDL-Sponsoren zählen, insgeheim vorhaben könnten, die Open-Source-Welt mit ihren mächtigen Patentbeständen zu beherrschen". Darauf müsse man "genau aufpassen".

Zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

(Stefan Krempl) / (jk)