US-Senator kritisiert Überwachungspraktiken der Bush-Regierung

Man habe sich in eine Richtung bewegt, in der man im Kampf gegen den Terrorismus riskiere, die Balance zwischen der Gewährleistung von Sicherheit und der Sicherung individueller Bürgerrechte zu verlieren, erklärte Patrick Leahy zum Auftakt der CFP 2006.

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Von
  • Wolfgang Kleinwächter

Zu Beginn der 16. Computer Freedom and Privacy Conference (CFP 2006) in Washington hat US-Senator Patrick Leahy scharf die sich ausweitenden Überwachungspraktiken der Bush-Regierung kritisiert. Man habe sich in eine Richtung bewegt, in der man im Kampf gegen den Terrorismus riskiere, die Balance zwischen der Gewährleistung von Sicherheit und der Sicherung individueller Bürgerrechte zu verlieren. Nach den Maßstäben, die momentan in den USA Praxis seien, hätte die "Bill of Rights" keine Chance, ratifiziert zu werden, sagte der demokratische Senator, der auch der "Privacy Task Force" seiner Partei vorsteht und im US-Senat als ein Veteran des Kampfes für Bürgerrechte gilt.

Der 11. September, betonte Leahy, habe natürlich die Bedrohungslage für die USA verändert. Erstmals seit dem Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert sei das kontinentale Amerika Schauplatz einer kriegerischen Auseinandesetzung. Das müsse aber noch lange nicht heißen, dass die in den letzten 200 Jahren errungenen Bürgerrechte leichtfertig zur Disposition gestellt werden. Der Kampf gegen den Terrorismus dürfe nicht außerhalb der Verfassung stattfinden. Es sei zwar richtig, dass man das Verhältnis von Sicherheit und Schutz der Privatsphäre neu definieren müsse, aber dies könne nicht dazu führen, dass das in der Verfassung eingebaute System von "Checks and Balances" ausgehebelt werde und im Namen der Sicherheit unlimitierte Restriktionen oder Kontrollen legalisiert würden, sagte der Senator. Massenüberwachungen, personenbezogenes Data-Mining, Einsatz von RFID.Chips zur Personenkontrolle etc. müssten so gestaltet werden, dass sie die grundlegenden bürgerlichen Rechte und Freiheiten nicht beschädigen.

Leahy verwies auf den Fall, in dem US-Senator Edward Kennedy am Betreten eines Flugzeuges gehindert wurde, weil sein Name in einer Blacklist aufgetaucht war. US-Präsident Bush habe sich zwar anschließend bei Senator Kennedy per Telefon entschuldigt und von einem bedauerlichen Missverständnis gesprochen. Was aber passiere mit den falsch gelisteten Bürgern, die nicht den Status eines Senators hätten? Man könne sich nicht aus der Verfassung nur das rauspicken, was einem gefällt, sagte Leahy. Niemand stehe über der Verfassung und dem Gesetz.

Unter Verweis auf die 70er-Jahre und die Proteste gegen den Vietnamkrieg erinnerte Leahy daran, dass das FBI damals von über 100.000 Individuen aus den Friedensbewegungen Daten erfasst habe. Man hätte lieber auf die Argumente der Protestierenden hören sollen, anstatt sie datenmäßig zu erfassen, kommentierte Leahy. Niemand dürfe heute in den USA Angst haben, seine Meinung auch in öffentlichen Protesten kundzutun. Die praktizierte Massenüberwachung sei kein Spaß mehr, das sei bitterer Ernst. Den Erhalt all der in der US-Verfassung verankerten Rechte sei man den zukünftigen Generationen schuldig, daran dürfe man nicht herumbasteln.

Leahy gilt auf dem Capitol Hill als ein Vorreiter in Kampf für Bürgerrechte im digitalen Zeitalter. Er war 1995 der zweite US-Senator, der eine eigene Webpage hatte. Leahy hat entscheidend an den Novellierungen des Freedom of Information Act teilgenommen und ist Vize-Vorsitzender des "Congressional Internet Caucus", der auch einen engen Kontakt zum Europäischen Parlament pflegt.

Siehe dazu auch in Telepolis:

  • Das Gesetz bin ich, Bei der Unterzeichnung von über 750 Gesetzen hat US-Präsident Bush den Vorbehalt angemeldet, sich aus angeblich verfassungsmäßigen Gründen nicht daran halten zu müssen

Siehe zur CFP 2006 auch:

(Wolfgang Kleinwächter) / (jk)