Hessen dehnt Polizeibefugnisse deutlich aus

Künftig darf die hessische Polizei Autokennzeichen elektronisch erfassen und ohne richterlichen Beschluss Daten von Telefonteilnehmern anfordern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 834 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

In Hessen darf die Polizei künftig Autokennzeichen elektronisch erfassen und automatisiert mit Daten in Fahndungscomputern vergleichen. Grundlage bildet das neue Polizeigesetz, das am gestrigen Dienstag gegen die Stimmen von SPD und Grünen sowie bei Enthaltung der FDP vom hessischen Landtag verabschiedet wurde. Innenminister Volker Bouffier begründete die Gesetzesänderung unter anderem damit, dass gestohlene Fahrzeuge oft zu weiteren Straftaten eingesetzt würden. Wegen der steigenden Zahl der zur Fahndung ausgeschriebenen Kennzeichen sei eine automatische Kennzeichenkontrolle sinnvoll.

Autokennzeichen sollen in flüchtige Speicher von mobilen und stationären Erfassungsgeräten eingelesen und anschließend mit einer im Gerät hinterlegten Fahndungsdatei abgeglichen werden. Die Gefahr eines Missbrauchs -- etwa die Erstellung von Bewegungsprofilen -- bestehe nicht, sagte der Innenminister, da die neue Regelung festschreibe, dass Kennzeichen, die sich nicht im Fahndungsbestand befinden, unverzüglich zu löschen seien. SPD und FDP kritisierten, durch das neue Gesetz würden Autofahrer einer dauerhaften polizeilichen Beobachtung ausgesetzt. Die Grünen sprachen von "Gesetzgebungsaktionismus".

Mit dem neuen Polizeigesetz wurden auch die Befugnisse zur Telefon- und Videoüberwachung ausgeweitet. So müssen Telekommunikationsfirmen künftig auf Weisung der hessischen Polizei Daten von Telefonteilnehmern herausgeben. Ohne richterlichen Beschluss kann die Polizei, wenn es um die Abwehr einer akuten Gefahr geht, den Standort eines Telefonteilnehmers erfahren, Gespräche mithören und Nachrichten mitlesen. Nutzen soll die hessische Polizei künftig zudem die umstrittenen IMSI-Catcher, mit denen Handys bis auf etwa 50 Meter genau lokalisiert werden können.

Das neue Gesetz erlaubt es der Polizei zudem, auch strafunmündigen Kindern genetisches Material zu entnehmen, wenn der Verdacht auf schwere Straftaten besteht. Die Entnahme von DNA-Material bei Kindern unter 14 Jahren soll der Vorbeugung von Straftaten dienen. Bouffier verwies darauf, dass es bereits jetzt erlaubt sei, die Mitglieder von Kinderbanden zu fotografieren oder ihnen Fingerabdrücke zu nehmen. Die Befugnisse der Polizei würden nun um die DNA-Analyse erweitert. (pmz)