Cologne Web Content Forum: der Content und das Geld

Ernüchternde Aussichten gab es beim Cologne Web Content Forum des eco. Zwar beschwören alle Seiten Qualitätsinhalte – auf welche Weise diese jedoch in Zukunft finanziert werden soll, ist weiterhin unklar.

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Von
  • Torsten Kleinz

Ernüchternde Aussichten gab es beim Cologne Web Content Forum des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco. Zwar beschwören alle Seiten Qualitätsinhalte –auf welche Weise diese jedoch in Zukunft finanziert werden soll, ist weiterhin unklar. Harsche Kritik gab es am von den Verlegern geforderten Leistungsschutzrecht.

Unternehmensberater und Weblogger Thomas Knüwer griff die Verleger in seiner Keynote harsch an. "Die Forderung nach dem Leistungsschutzrecht beruht auf der Lüge, dass journalistische Inhalte massenhaft raubkopiert würden". Grund für die Forderung sei vielmehr, dass Google den Verlegern Werbeeinnahmen abgrabe. Auch Matthias Spielkamp, Mitgründer des Portals Irights, ging mit den Verlegern hart ins Gericht: "Jeder unabhängige Urheberrechtsexperte, den ich befragt habe, verneint, dass ein Leistungsschutzrecht ohne erhebliche Kollateralschäden möglich ist", erklärte Spielkamp. Dies sei auch der Grund, warum die Verleger auch zweieinhalb Jahre nach den ersten Forderungen nach dem Leistungsschutzrecht keinen Gesetzentwurf öffentlich vorgelegt hätten, den man diskutieren könne. Laut Hannah Seiffert, Leiterin des Fachbereichs Politik bei eco, liegen die Gesetzentwürfe aber derzeit im Bundesjustizministerium vor.

Ebenfalls kritisch zeigte sich Michael Littgber, Europajurist des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI): "Hier geht es darum, eine neue Erlösquelle zu schaffen, ohne ein eigenes Geschäftsmodell aufzubauen." Die Industrie habe nichts dagegen, für genutzte Inhalte zu zahlen, aber wehre sich dagegen, Abgaben für Inhalte zu zahlen, die die Verlage selbst frei verfügbar machten. Die Verlagsvertreter zeigten sich in Köln in der Defensive: "Beim Leistungsschutzrecht geht es nicht um ein Geschäftsmodell, sondern um eine Rechtsgrundlage", erklärte der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, Hans-Joachim Fuhrmann. "Wir zwingen niemanden in das Leistungsschutzrecht hinein." Romanus Otte, General Manager von Welt Online, zeigte sich optimistisch: "Wir werden ein funktionierendes Geschäftsmodell haben – egal ob das Leistungsschutzrecht kommt oder nicht."

Mit dem Verkauf der Verlags-Inhalte über Apples iTunes-Store zeigte sich Otte zufrieden – konkrete Abonnentenzahlen wollte er aber nicht nennen. Zu hohe Erwartungen dämpfte Otte: Obwohl das iPad gerade in der Medienbranche sehr verbreitet sei, sei es noch kein Massenartikel. Otte begrüßte Googles Bemühungen, mit Android den Verlagen eine ähnliche Plattform anzubieten wie Apple. Derzeit sei das Angebot aber noch mangelhaft. So müssten App-Programmierer noch mit den verschiedenen Android-Versionen kämpfen, Googles Bezahldienst OnePass sei zu kompliziert und sorge bei der Kundschaft für hohe Abbrecher-Raten. Es gebe aber ein noch grundlegenderes Problem: "Apple und Google unterscheiden sich in einem grundsätzlich: Apple stand nie für free." Die Kaufbereitschaft der Android-Nutzer sei weniger ausgeprägt als bei den Apple-Kunden.

Die Journalistin und Bloggerin Ulrike Langer zeichnete ein halbwegs optimistisches Bild der Veränderungen auf dem Content-Markt. So fänden Inhalte-Produzenten ein breites Angebot von Plattformen, die ihnen das Veröffentlichen jenseits der großen Verlage ermöglichten. Einige Ansätze, die vor einem Jahr noch vielversprechend erschienen, hätten sich in der Praxis aber als wenig erfolgreich erwiesen. So seien die Einnahmen über Plattformen wie Kashingle und Flattr, mit denen die Leser für bestimmte Inhalten freiwillig Geldbeträge zahlen, eher ernüchternd: "Bei Kashingle zahle ich jeden Monat 5 Dollar ein und bekomme 8 oder 9 Dollar heraus", erklärte Langer – dabei führt der Anbieter ihr Blog auf der Top-Verdiener-Liste. Auch Flattr spreche nur einen sehr kleinen Kundenkreis an: "Seit einem halben Jahr stagnieren die Zahlen hier", erklärte Langer. Zudem erhielten besonders bekannte Anbieter einen Großteil des Geldes: "Wer hat, dem wird gegeben", betonte Langer. Die Medienjournalistin forderte, die Journalistenausbildung unabhängiger zu gestalten und den Nachwuchsjournalisten mehr unternehmerische Fähigkeiten zu vermitteln.

Dass der Markt derzeit für Content-Anbieter nicht wirklich gut aussieht, wurde bei dem "Elevator Pitch" auf der Konferenz deutlich, bei dem mehrere Startups ihre Geschäftsmodelle vorstellten. Unter den Teilnehmern war auch das Herforder Unternehmen content.de, das suchmaschinenoptimierte Texte für Webseiten anbietet. Für Texte höchster Qualität zahlt das Startup den Autoren aber lediglich 20 Euro pro Seite Mehrfachverwertungen sind ausgeschlossen.

Die Jury konnte das Unternehmen damit nicht überzeugen. Stattdessen wurde der "eco Content Star" an die Verleih-Plattform Frents verliehen. Den Sonderpreis für das beste Content-Start-up aus Nordrhein-Westfalen erhielt das Unternehmen FavSol für seine Shopping-Lösung auf Facebook. Als beste Content-Plattform wurde Zeit Online ausgezeichnet. Der Preis für das beste Content-Format ging an die Deutsche Welle für das Portal Mission Berlin, auf dem die Nutzer spielerisch Deutsch lernen können. (jk)