Ein Desktop für das Web-Computing

Das Start-up ZeroPC will zahlreiche Cloud-Dienste unter einer zentralen Oberfläche konsolidieren.

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Von
  • Tom Simonite

Das Start-up ZeroPC will zahlreiche Cloud-Dienste unter einer zentralen Oberfläche konsolidieren.

Die PC-Nutzung migriert immer stärker ins Web. Bilder landen bei Flickr, Videos bei YouTube und elektronische Post bei Google Mail – alles Daten, die früher nur auf der lokalen Festplatte vorgehalten wurden. Das Start-up ZeroPC will nun zum Desktop all dieser Dienste werden: Als zentrale Schnittstelle, von der aus Nutzer auf ihre Inhalte zugreifen können, egal wo sie faktisch liegen.

Loggt man sich bei ZeroPC mit seinem Browser ein, erscheint ein Interface, wie man es von Windows und anderen Betriebssystemen kennt: Icons auf einer Desktop-Oberfläche erlauben den Zugriff auf Ordner und Anwendungen wie E-Mail, Textverarbeitung und mehr. Realisiert wird das alles mit Web-Technik.

Der ZeroPC-Dateibrowser erlaubt es, Fotos, Videos und andere Inhalte, die auf Angeboten wie Facebook, Flickr und Google Docs lagern, zu managen, als würden sie in Ordnern auf der lokalen Festplatte liegen. Ein Nutzer kann beispielsweise verschiedene Fotos auf Facebook selektieren und diese dann in einen Flickr-Ordner ziehen. Im Hintergrund loggt sich ZeroPC in die entsprechenden Angebote ein und kopiert die Daten dann zwischen den Diensten.

"Wir wollen dabei helfen, mehr Ordnung in die Daten zu bringen, die die Leute derzeit über das Web verteilen", sagt Richard Sah, Vizepräsident von ZeroPC, das auf der Web 2.0 Expo in San Francisco offiziell gestartet wurde. Für den Nutzer solle der Unterschied zwischen Inhalten auf verschiedenen Angeboten aufgelöst werden.

Sah und seine Kollegen hoffen, dass ZeroPC Nutzer anzieht, die ihr Online-Leben besser organisieren wollen. Eine weitere Zielgruppe sind Bildungseinrichtungen. Dort könnte ZeroPC auch auf einfachen Rechnern oder Tablets laufen, solange diese nur über einen modernen Browser verfügen. Das spare Geld bei Hardware-Anschaffungen, meint Sah. "Ein einzelner Rechner kann von mehreren Leuten gleichzeitig verwendet werden."

Für Menschen in Schwellenländern, die häufig wenige PCs miteinander teilen müssten, sei das ebenfalls sehr bequem. "Das könnte zu einer Art "One Desktop per Child" führen, ohne dass jeder auch sein eigenes Stück Hardware braucht", sagt Sah mit Blick auf das Bildungsprojekt OLPC.

ZeroPC wurde von Young Song gegründet, der auch hinter NComputing steckt, einer Firma, die kostengünstige Thin-Clients baut, an die man nur noch Monitor, Maus und Keyboard anschließen muss. Eine Kopie von Windows oder Linux, das auf einem entfernten Server läuft, wird hier per Internet genutzt. Der ZeroPC-Desktop ist weniger mächtig als eine NComputing-Box, lässt sich aber auch ohne spezielle Hardware nutzen.

Firmen haben schon früher versucht, Web-basierte Desktops anzubieten. ZeroPC will hier durch ein Mehr an Anwendungen glänzen. Außerdem seien die Web-Technologien mittlerweile deutlich mächtiger als früher, meint Sah.

Neverware, ein Start-up aus New York, bietet bereits eine Cloud-basierte Software an, mit der es möglich ist, die neueste Windows-Version über das Internet auf alten Rechnern zu nutzen. Firmengründer Jonathan Hefter sieht in ZeroPC ein Beispiel für eine ganze Klasse neuer Dienste.

"Egal ob man nun Cloud-Angebote mit einem vollwertigen Windows verwendet oder einen Browser, mit solchen Services lassen sich auch alte PCs voll ausschöpfen", sagt Hefter. "Das alte Credo, dass ein Computer nach vier Jahren veraltet ist, gilt damit nicht mehr." (bsc)