Ex-Lobbyistin der Musikindustrie soll Urheberrechts-Referat der EU-Kommission leiten

Die EU-Kommission muss auf Anfrage zweier Europaabgeordneter eine umstrittene Personalie erklären: Eine ehemalige Lobbyistin der Musikindustrie soll ausgerechnet das Referat leiten, das sich mit Urheberrechtsfragen beschäftigt.

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Die EU-Kommission muss sich erklären, ob die Verpflichtung einer ehemaligen Lobbyistin der Musikindustrie als Referatsleiterin der Urheberrechtsabteilung in der Generaldirektion Binnenmarkt nicht einen Interessenkonflikt darstellt. Der für die schwedische Piratenpartei im Europaparlament sitzende Abgeordnete Christian Engström und die niederländische Liberale Marietje Schaake haben nach eigenen Angaben eine offizielle Anfrage an die EU-Kommission gestellt.

Die spanische Rechtsanwältin Maria Martin-Prat soll laut Medienberichten die Nachfolge des scheidenden Copyright-Chefs Tilman Lüder antreten. Als neue Referatsleiterin wäre die Juristin in der EU-Kommission direkt für zentrale Urheberrechtsthemen wie die Überarbeitung der EU-Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (IPRED) oder die Verhandlungen über das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA zuständig.

Martin-Prat leitet derzeit das Referat Freier Dienstleistungsverkehr und Niederlassungsfreiheit der Generaldirektion Binnenmarkt. Die langjährige EU-Bürokratin hatte die Kommission Anfang der 2000er-Jahre verlassen, um eine Aufgabe in der Rechtsabteilung des Internationalen Verbands der Musikindustrie (IFPI) zu übernehmen. Ab 2004 war sie dort auch für die Lobbyarbeit des Verbands verantwortlich, kehrte aber schließlich zur Kommission zurück.

[Update: Eine Sprecherin von Binnenmarktskommissar Michel Barnier bestätigte die Personalie. Martin-Prat werde die Leitung des Urheberrechtsreferats zum 16. April übernehmen, erklärte die Sprecherin gegenüber heise online. Martin-Prat hat den Angaben zufolge bereits von 1995 bis 1997 in dem Referat gearbeitet und wechselte dann in die Abteilung für E-Commerce und Medien. Von Ende 1999 bis September 2004 sei sie im Rahmen einer unbezahlten Auszeit von ihrer Kommissionstätigkeit für die IFPI tätig gewesen.

"Es ist nicht fair anzunehmen, Maria Martin-Prat sei voreingenommen, weil sie für einen Teil ihrer Karriere den öffentlichen Dienst verlassen und für die Musikbranche gearbeitet hat", erklärte die Sprecherin. Es sei völlig normal für öffentliche Bedienstete, in ihrem Verantwortungsbereich Erfahrungen zu sammeln. "Es ist jetzt fast sieben Jahre her, dass Maria in der Branche gearbeitet hat, sie hatte also eine sehr lange 'Abkühlphase'."] (vbr)