Neues Telekommunikationsgesetz erhält viele schlechte Noten

Bei Verbraucherschützern, Telekom-Konkurrenten und dem US-Handelsministerium stößt die Verabschiedung der Regulierungsferien für das VDSL-Netz und neuer Kundenschutzregeln nicht auf Gegenliebe.

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Bei Verbraucherschützern, Telekom-Konkurrenten und dem US-Handelsministerium stößt die Festschreibung der Regulierungsferien für das VDSL-Netz der Deutschen Telekom und die Vorgabe neuer Kundenschutzregeln für den Telekommunikationsmarkt nicht auf Gegenliebe. Der Bundestag hatte die entsprechenden Bestimmungen am gestrigen Donnerstag mit den Stimmen von Schwarz-Rot im Rahmen der Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beschlossen. "Das Gesetz schottet die Deutsche Telekom beim Ausbau der Glasfasernetze gegen Wettbewerber ab und bringt nicht die notwendige Verbesserung beim Verbraucherschutz," zeigte sich Patrick von Braunmühl, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), enttäuscht von dem im Wirtschaftsausschuss des Bundestags vorbereiteten Beschluss der Parlamentarier.
Das TKG räumt dem Altmonopolisten eine befristete Freistellung von Vorab-Regulierungsauflagen der Bundesnetzagentur ein. Nach Auffassung des vzbv fördern Bundesregierung und Bundestag mit diesem Vorgehen "Remonopolisierungstendenzen" im Telekommunikationsmarkt und "nehmen infolge dessen billigend nachteilige Wirkungen für die Telekommunikationsnutzer in Kauf". Nicht ausreichend hält der Verband auch die gesetzliche Bekämpfung der Telefonabzocke. Er verweist darauf, dass der anhaltende Missbrauch mit teuren Bezahl-Nummern wie zum Beispiel im 0900-Bereich oder bei Kurzwahldiensten im Mobilfunk einer der Hauptauslöser für die aktuelle Gesetzesänderung gewesen sei. Hilfreich gewesen wäre daher eine Verpflichtung von "Call by Call"-Anbietern zur vorherigen Preisansage und "eine niedrige Schwelle für die verbindliche Preisansage vor der Nutzung teurer entgeltlicher Telefonmehrwertdienste" vom Live-Chat-Abo bis zur Telefonauskunft.
Nach dem verabschiedeten Wortlaut des Gesetzes müssen Preisinformationen für Auskunfts- oder Massenverkehrsdienste wie beim Televoting und Kurzwahl-Dienste wie Klingeltöne oder Logos erst ab einem Preis von 2 Euro deutlich sichtbar und gut lesbar präsentiert werden, beklagt der vzbv. Er hatte sich für eine Grenzziehung bei 1 Euro stark gemacht. Auch die einheitlich festgelegte Preisobergrenze für Mehrwertdienste von 3 Euro pro Minute im Festnetz und Mobilfunk scheint den Verbraucherschützern viel zu hoch. Andererseits dürfen Abo-Verträge für Kurzwahl-Dienste künftig nur noch zustande kommen, wenn der Kunde diese bestätigt. Auch soll es jederzeit ein Kündigungsrecht geben. Abo-Kunden können ferner auf Verlangen eine kostenlose "Warn-SMS" erhalten, wenn sich die Rechnung auf 20 Euro im Monat beläuft.
Volker Kitz, Rechtsexperte beim Branchenverband Bitkom, hält die Verbraucherschutzbestimmungen dagegen für mehr als ausreichend: "Die Unternehmen werden nun noch mehr Geld als bisher schon in den Kundenschutz investieren", kündigte er an. Dazu hätte es aber keinen Zwang durch den Gesetzgeber gebraucht, denn die Anbieter wüssten, "dass zufriedene Kunden auch bleibende Kunden sind". Der Staat sollte sich jetzt aber endlich seinerseits dazu durchringen, die mit der geplanten Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung noch einmal steigenden Kosten für die Telekommunikationsüberwachung zu tragen, fordert Kitz. Die Verpflichtung von Unternehmen "zu Hilfssheriffs auf eigene Rechnung" binde bei diesen Geld, "das auch in innovativen Kundenschutz investiert werden könnte."
Branchenverbände wie der VATM oder der BREKO waren im Vorfeld vehement gegen die Regulierungsferien für den Erzrivalen Sturm gelaufen. Sie setzen ihre Hoffnung nun vor allem auf Brüssel. Die EU-Kommission hatte im Vorfeld für den Fall der Verabschiedung des Gesetzes bereits den Gang vor den Europäischen Gerichtshof angekündigt. Die Verbände haben sich vor kurzem in einem gemeinsamen Schreiben direkt an den Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, gewandt. In ihrem Brief weisen sie den Portugiesen auf einen drohenden abermaligen Monopolstatus der Telekom und massive negativen Folgen sowohl für Wettbewerber als auch für Verbraucher hin. Unterstützung erhielten sie vom Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT).
Das US-Handelsministerium hatte laut der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires kurz vor den entscheidenden Lesungen des TKG im Bundestag einen Brief an das Bundeswirtschaftsministerium geschrieben. Eine Freistellung des neuen Telekom-Hochgeschwindigkeitsnetzes von der Regulierung könnte Herausforderer der Telekom benachteiligen, schrieb der Staatssekretär für internationalen Handel, Franklin Lavin, an Wirtschafts-Staatssekretär Bernd Pfaffenbach: "Da die USA für freie Märkte sind und einen Deregulierungs-Ansatz verfolgen, sind wir besorgt, dass diese Ferien, wie vorgeschlagen, den Wettbewerb und die Entwicklung eines robusten Telekommunikationsmarktes untergraben." Wirtschafts-Staatssekretärin Dagmar Wöhrl verteidigte die Regelungen dagegen im Bundestag. Laut der CSU-Politikerin "ist es uns gelungen, einen Ausgleich zwischen den vielschichtigsten Interessenlagen zu finden".
Zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, der Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch:
  • Bundestag verabschiedet Telekommunikationsgesetz
  • Weg frei fĂĽr Regulierungsferien beim VDSL-Netz der Telekom
  • Telekom-Konkurrenten drohen mit Investitionsstopp
  • EU-Verfahren gegen Telekommunikationsgesetz wahrscheinlich
  • Koalition einigt sich beim Telekommunikationsgesetz
  • Berlin nimmt EU-Verfahren wegen "Lex Telekom" notfalls in Kauf
  • Telekom-Konkurrenten befĂĽrchten EU-weite Auswirkung von "Lex Telekom"
  • Telekom-Konkurrenten kritisieren Haltung der CSU zu VDSL-Regulierung
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  • TK-Branchenverbände bringen sich fĂĽr Bundestagsanhörung in Position
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  • (Stefan Krempl) /