Subventioniertes Handy im Laden gekauft? Hier gilt das Widerrufsrecht!

Schlechte Nachrichten für TK-Händler: Kunden, die einen Handyvertrag abschließen und gleichzeitig ein subventioniertes Handy erwerben, haben ein Widerrufsrecht. Das gilt auch für Abschlüsse im Laden.

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Von
  • Marzena Sicking

Es handelt sich um ein marktübliches Vertriebsmodell: Der Kunde schließt einen langfristigen Handyvertrag bei einem Netzbetreiber ab und erhält im Gegenzug ein subventioniertes Handy. Ein verlockendes Angebot, denn da bekommt man durchaus attraktive Modelle zu teilweise symbolischen Preisen von nur einem Euro.

Wie ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Amtsgerichts Dortmund (13.10.2010, Az.: 417 C 3787/10) besagt, hat der Kunde allerdings auch dann ein Widerrufsrecht, wenn der Vertrag im Ladengeschäft und nicht online (Fernabsatz) abgeschlossen wurde. Nach Ansicht der Richter ist die Kopplung von Mobilfunkvertrag und subventioniertem Handy nämlich eine Art Finanzierungshilfe und damit handelt es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag. Und für den gelten besondere Regeln.

Geklagt hatte eine Kundin, die in einem TK-Ladengeschäft zwei Handys zum Preis von jeweils 1 Euro erworben und gleichzeitig zwei Netzbetreiberverträge abgeschlossen hatte. Die Gier nach den neuen Handys bereute sie allerdings schon wenige Stunden später. Am nächsten Tag suchte sie den Händler wieder auf und erklärte, dass sie von den Verträgen zurücktreten wolle. Der Ladeninhaber verwies sie direkt an den Provider. Vorsorglich erklärte die Kundin daraufhin sowohl gegenüber dem Ladeninhaber, wie auch gegenüber dem Netzbetreiber den Widerruf, den man allerdings nicht akzeptieren wollte. Der Fall landete vor Gericht und dieses hat zu Gunsten der Kundin entschieden.

Rechtsanwalt Johannes Richard erklärt: "Bei der Frage, ob ein Widerrufsrecht besteht, kommt es darauf an, ob es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt. In diesem Fall besteht gemäß § 495 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht. Und wie man sieht, gibt es ein Widerrufsrecht nicht nur bei einem Kauf im Internet, sondern unter Umständen sogar bei einem Kauf im Laden.“

Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Zu seinen Schwerpunkten gehören das Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Fernabsatzrecht und insbesondere die rechtliche Beratung von eBay-Auftritten und Internetshops.

So kam das Amtsgericht zu dem Schluss, dass es sich bei einem subventionierten Handyvertrag im weitesten Sinne eigentlich um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt. Ein solcher ist laut § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB aber nur dann gegeben, wenn der Darlehensbetrag 200 Euro übersteigt.

Eine Finanzierungshilfe sahen die Richter hier als gegeben an, denn die Kundin musste für die Handys ja nur 1 Euro bezahlen – es bestand kein Zweifel daran, dass sie die Geräte zu diesem Preis regulär nicht hätte erwerben können – sondern konnte die so zunächst unangetastet gebliebene Kaufkraft, anderweitig einsetzen. Durch die vorgesehenen Nutzungsgebühren während der Laufzeit werde dem Kunden die zunächst gewährte Kaufkraft nachträglich wieder entzogen. Gem. § 499 Abs. 1 BGB sei eine Entgeltlichkeit der Finanzierungshilfe auch deshalb gegeben, weil der Provider die Kosten seines vorzeitigen Kapitalabflusses durch Finanzierung des Restkaufpreises regelmäßig in seiner Gebührenkalkulation berücksichtigt. Fazit: Es handelt sich um ein Verbraucherdarlehen und hier hat der Verbraucher nun mal ein Recht auf Widerruf, auch wenn der Vertrag nicht per Fernabsatz, sondern im Laden geschlossen wurde.

"Wir finden die Argumentation des Amtsgerichtes durchaus nachvollziehbar. Erschwerend kam hinzu, dass hier auch keine Widerrufsbelehrung vorlag mit der Folge, dass der Verbraucher auch noch Monate später gegenüber dem Netzbetreiber den Widerruf erklären könnte“, kommentiert Rechtsanwalt Richard. Falls dieses Urteil Schule macht, hätte es weitreichende Folgen für die Anbieter von subventionierten Telefonen, die gleichzeitig auch Netzbetreiberverträge verkaufen. Und die Chancen dafür stünden nach Ansicht von Richard nicht schlecht, denn rechtsdogmatisch sei das Urteil des Amtsgerichtes durchaus überzeugend: "Der Kunde hätte somit immer ein Widerrufsrecht." Sowohl Händler, wie auch Netzbetreiber müssten dann auch ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehren. "Vor dem Hintergrund, dass dies nach unserer Kenntnis bisher nie gemacht wurde, stellt sich zudem die Frage, inwieweit Verbraucher, die in der Vergangenheit quasi millionenfach derartige Verträge abgeschlossen haben und diese nun bereuen, von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen können". Ob das Urteil eines "kleinen Amtsgerichtes" so weitreichende Folgen haben wird, bleibt allerdings noch abzuwarten. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)