LG Hamburg: Top Level Domain .at ohne Bezug zu Österreich

Es sei eine "erhebliche Verwässerung der Bedeutung von TLDs durch die bewusste Zweckentfremdung von Country-Code-TLDs" zu verzeichnen, meinte das Landgericht Hamburg.

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Von
  • Markus Schickore

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg hat die country code Top Level Domain (ccTLD) .at keinen zwingenden Bezug zu Österreich. In der Entscheidung vom 10. Dezember 2004 wies das Landgericht die Klage der österreichischen Sartorius GmbH gegen einen gleichnamige deutsche Privatperson auf Freigabe der Domain Sartorius.at ab. Der Beklagte hatte sich zuvor diese Domain bei der österreichischen Vergabestelle nic.at gesichert.

Unter dem Aktenzeichen 324 O 375/04 führt das LG Hamburg aus, dass ein durchschnittlicher Internetsurfer unter der TLD .at wie bei .com-Domains "keineswegs zwingend ein Angebot mit einem wie auch immer gearteten Österreich-Bezug" erwarte. Vielmehr sei eine "erhebliche Verwässerung der Bedeutung von TLDs durch die bewusste Zweckentfremdung von Country-Code-TLDs" zu verzeichnen. So würden die TLDs .ag und .tv auch nicht als lnternetkürzel für Antigua und Barbuda beziehungsweise Tuvalu verstanden.

Der Umstand, dass die Klägerin in Österreich ansässig und dort seit langem geschäftlich tätig ist, der Beklagte jedoch lediglich eine private Homepage mit Familieninformationen eingestellt hat, änderte für die Richter nichts. Die Klägerin sei zwar seit 1971 auf dem österreichischen Markt vertreten, hatte jedoch bezüglich der .at-Domain gegenüber dem namensgleichen Beklagten das Nachsehen, weil dieser bei der Registrierung schneller war. Bei der Domainvergabe gelte das Prioritätsprinzip: Wer einen Domainsnamen zuerst registriere, erhält diesen auch.

Diese Regel hat jedoch auch Ausnahmen. In einer Grundsatzentscheidung im Jahre 2001 bestimmte der Bundesgerichtshof die engen Voraussetzungen dafür ("Shell.de", BGH-Urteil vom 22.10.2001, Az.: I ZR 138/99). Das LG Hamburg hielt eine Einschränkung des Prioritätsprinzip im vorliegenden Fall für nicht angebracht.

Auch dass der Beklagte selbst gar nicht in Österreich wohnt, führte nicht zu einer anderen Beurteilung: Im Gegensatz zur TLD .de, die nach den DeNIC-Richtlinien ausschließlich an Personen oder Unternehmen vergeben wird, die in Deutschland ansässig sind oder hier zumindest einen Vertretungsberechtigten vorweisen können, ist die TLD .at frei von solchen Reglementierungen. .at-Domains werden unabhängig vom Wohnsitz des Beantragenden vergeben.

Das Urteil des LG Hamburg ist nicht rechtskräftig. Über die umstrittene Feststellung der Richter am Landgericht, dass Surfer unter einer .at-Domain keine Inhalte aus Österreich erwartet, wird demnächst noch einmal das Hanseatische Oberlandesgericht zu befinden haben. (Markus Schickore) / (jk)