Handbücher auf der Höhe der Zeit

Gebrauchsanweisungen für Produkte sind leider selten eine Hilfe für Verbraucher. Nun nutzen die ersten Firmen die Vorteile von CAD-Software, um daraus direkt interaktive Anleitungen zu erstellen.

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Von
  • Lauren Cox

Gebrauchsanweisungen für Produkte sind leider selten eine Hilfe für Verbraucher. Nun nutzen die ersten Firmen die Vorteile von CAD-Software, um daraus direkt interaktive Anleitungen zu erstellen.

Viele Ingenieure nutzen heute aufwändige 3D-Werkzeuge, um Produkte zu entwerfen, und nicht mehr Papier und Zeichenstift. Umso erstaunlicher ist es, dass Verbraucher davon bislang wenig merken: Packen sie ihre Neuerwerbung aus, finden sie eine meist unverständliche Gebrauchsanleitung. Das ändert sich nun langsam: Einige Unternehmen haben begonnen, ihre in CAD-Programmen erstellten Entwürfe als Grundlage für interaktive Handbücher zu nehmen.

Ein Beispiel ist die in North Carolina ansässige Firma Cane Creek Cycling Components, die Fahrradteile herstellt. Ihre Konstrukteure arbeiten mit SolidWorks, um Entwürfe zu drehen, Querschnitte von komplizierteren Teilen zu erstellen oder auch zu simulieren, wie die kompletten Fahrräder sich bewegen würden. Die Darstellung sei so vollständig und exakt, dass die Zahl der physischen Prototypen drastisch gesunken sei, sagt Jim Morrison, Ingenieur bei Cane Creek Cycling Components.

Früher habe er und seine Kollegen nach Fertigstellung eines Modells die Bedienungsanleitungen so erstellt, dass sie Screenshots der Software-Darstellungen machten. Schließlich sollte die Anleitung auf Papier gedruckt werden, erklärt er. Das erwies sich als so aufwändig, dass die Firma dazu überging allgemein gehaltene Anweisungen für mehrere Modelle gleichzeitig anzufertigen. „Wir sind bisher davon ausgegangen, dass der Kunde die Darstellung verallgemeinern kann und das Teil, das er in der Hand hat, auch wiedererkennt, wenn es nicht exakt wie abgebildet aussieht“, sagt Morrison.

Das soll sich nun ändern. Mit Hilfe der SolidWorks-Software 3DVIA Composer lassen sich CAD-Daten in eine Form bringen, die sich auch für Anleitung oder Marketingmaterial eignet. Morrison kann damit entscheiden, welche Einzelheiten er herausziehen und zu einer schrittweisen Bauanleitung mit dreidimensionalen Darstellungen weiterverarbeiten will.

Ziel ist, dass die Kunden irgendwann automatisch auf der Firmenwebsite die interaktiven Anleitungen aufrufen. Dank 3DVIA habe er innerhalb von zwei Stunden die Anleitung für die vorderen Radteile – Vorbau, Steuersatz und Steuerrohr – erstellt. Ein Fahrradschrauber kann nun das Ensemble online betrachten, rotieren lassen oder eine Explosionszeichnung der einzelnen Bauteile ansehen.

Auch Cardiovascular Systems, ein Medizintechnik-Hersteller, nutzt 3DVIA seit einiger Zeit, um die Gebrauchsanweisung für ein Gerät zu produzieren, mit dem Plaque aus Arterien entfernt wird. Versuchsweise trainiert die Firma inzwischen Ärzte mit den neuen 3D-Handbüchern. Bislang werde dies aber nur in ausgewählten Fällen probiert, sagt Ingenieur Christopher Narveson, weil einfach noch zu viele Mitarbeiter, die die Trainingskurse leiten, an althergebrachte 2D-Zeichnungen auf Papier gewöhnt seien.

Auch Peter Rucinski, Produktmanager für 3DVIA Composer, übt sich in Geduld: Bis sich 3D-Anleitungen durchsetzten, werde noch einige Zeit vergehen. Und schließlich müsse die 3D-Software selbst erst einmal zum Industriestandard werden. Ein gutes interaktives Software-Handbuch dürfte dies sicher beschleunigen. (nbo)