Bewährungsstrafe für gewerbsmäßiges Simlock-Entsperren

Das Amtsgericht Göttingen hat einen 35-Jährigen zu einer siebenmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Er hatte seit 2005 auf Hunderten von Handys den Simlock des Providers entfernt.

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Von
  • dpa

Wegen gewerbsmäßiger Entfernung der Bindung an einen bestimmten Mobilfunk-Anbieter (Simlock) bei Handys ist ein 35-Jähriger in Göttingen zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter am Amtsgericht Göttingen befand, die Entsperrung sei eine "Fälschung beweiserheblicher Daten" und eine strafbare Datenveränderung. Mobilfunkanbieter richten die Sperre beim Abschluss eines Nutzervertrags ein und verhindern damit die Verwendung in anderen Mobilfunknetzen zu möglicherweise günstigeren Konditionen.

Es kann eine richtungweisende Entscheidung werden, denn zur weit verbreiteten Simlock-Entsperrung gab es bundesweit bisher so gut wie keine Strafurteile, wie das Richter betonte. Der Verteidiger kündigte noch im Gerichtssaal an, dass er die rechtliche Einschätzung des Gerichts von weiteren Instanzen überprüfen lassen werde.

Das Gericht folgte weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die neun Monate Bewährungsstrafe gefordert hatte. Der Verteidiger, der keinerlei strafbare Handlungen erkennen mochte, hatte auf Freispruch plädiert. Wer eine Simlock-Sperre aufhebe, beseitige ein "Nutzungshindernis", sagte der Anwalt. Dies sei allenfalls eine zivilrechtlich relevante Vertragsverletzung gegenüber dem Mobilfunkanbieter.

Die Göttinger Staatsanwaltschaft sieht dies anders. Sie verfolgt seit dem vergangenen Jahr eine Reihe weiterer Simlock-Knacker, die demnächst ebenfalls vor Gericht sollen. Der 35-Jährige als erster Angeklagter hatte von 2005 bis 2010 für zahlreiche Kunden Hunderte von Geräten entsperrt. Zur Prozessvereinfachung beschränkten sich die Beteiligten am Mittwoch allerdings darauf, nur über zehn Fälle zu verhandeln.

Der Richter gab dabei zwar zu erkennen, dass er das Geschäftsmodell der Mobilfunkanbieter, teure Handys günstig zu verkaufen und sich das Geld dann mit teuren Zweijahresverträgen zurückzuholen, persönlich wenig schätze. Allerdings müsse man die per Simlock errichtete Zugangssperre zu anderen Netzen respektieren. Wer dies nicht tue, mache sich strafbar. Ob sich die Kunden des 35-Jährigen auch vor Gericht verantworten müssen ist derzeit noch nicht bekannt. (ll)