Mathe, ungenügend!

Auf einen Mac kommen weltweit 20 Windows-PCs. Trotzdem scheint Microsoft zu befürchten, dass die Apple-Computer irgendwann mal so erfolgreich sind wie das iPhone oder das iPad und rechnet die Macs künstlich teurer, als sie tatsächlich sind.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christoph Dernbach

An diese legendäre Fehlprognose wird sich Microsoft-Boss Steve Ballmer nur ungern erinnern: "Das iPhone ist nur ein gewöhnliches Telefon", sagte er im Juni 2007 – kurz vor dem Marktstart des iPhone, den Kollegen der WiWo. "Außer der Marke hat Apple nichts in petto, was andere Anbieter nicht auch zu bieten hätten. Daher garantiere ich Ihnen, dass sich das iPhone nicht sonderlich verkaufen wird."

Wie sehr Ballmer mit seiner Vorhersage daneben lag, zeigen die aktuellen Zahlen von IDC. Nach einer Studie der Marktforscher hat Apple jetzt erstmals Nokia in Westeuropa als führenden Smartphone-Anbieter abgelöst und liegt weltweit hinter Nokia auf Platz zwei. In dieser Bestsellerliste tauchen Geräte mit Microsoft-Betriebssystem überhaupt nicht mehr auf.

Ob es tatsächlich für eine Reise nach Hawaii reicht? Microsoft trickst beim Vergleich zwischen Macs und Windows-Netbooks.

Einfacher als der Blick in die Zukunft ist eigentlich die Analyse der aktuellen Marktsituation. Doch auch hier scheint Microsoft Schwierigkeiten mit den Zahlen zu haben. Ausgerechnet unter dem Titel "Do The Math" macht Microsoft auf einer Marketing-Website die Rechnung auf, dass man als Käufer eines Computers sich neben dem Rechner noch eine Reise nach Hawaii leisten könnte, wenn man keinen Mac, sondern einen Windows-PC wählt.

Dass Apple-Computer teurer sind als PCs von Dell, Acer, HP oder dem Schrauber von nebenan, ist bekannt. Und dass die Marge über dem Branchendurchschnitt die Aktionäre von Apple erfreut, ist auch kein Geheimnis. Aber Microsoft reichte das wohl nicht aus. So wird das MacBook Air 11 von Apple für 1049 Dollar mit Netbooks von Toshiba und HP verglichen, die zwischen 300 und 350 Dollar kosten. Wer einmal mit einem MacBook Air gearbeitet hat, weiß genau, wie lächerlich es ist, diesen Laptop mit einem superschnellen SSD-Laufwerk in derselben Klasse wie ein Toshiba NB305 oder ein HP Pavilion anzusiedeln. Fair wäre es gewesen, das MacBook Air gegen ähnlich ausgestattete Windows-Laptops wie Samsung Series 9 antreten zu lassen. Aber bei diesem Vergleich wäre das Ergebnis nicht wie gewünscht ausgefallen, denn das Samsung-Gerät ist 300 Dollar teurer als das MacBook Air 13.

Bei den Desktop-Rechnern lässt Microsoft den 1700 Dollar teuren 27-Zoll-iMac gegen die Windows-PCs Acer Aspire Touch (800 Dollar), HP Touchsmart 600-1350 (1100 Dollar) und Asus All-in-One ET2400 (1625 Dollar) antreten, die aber alle nur über 23-Zoll-Bildschirme verfügen. Nun, dass größere Bildschirme teurer sind als kleine, sollte man auch in Redmond wissen.

Bei den Macs listet Microsoft Kosten für Virenschutz und Cloudprogramme auf, die nicht unbedingt entstehen.

Schräg ist auch, dass für alle Windows-Rechner die kostenlosen Windows-Live-Dienste von Microsoft aufgeführt werden, obwohl diese (und andere kostenlose Cloud-Dienste) auch für Mac-Anwender zur Verfügung stehen. Als Gegenstück zu den Windows-Live-Programmen setzt Microsoft für die Apple-Suite iLife 49 Dollar an und erwähnt immerhin, dass dieses Softwarepaket bei neuen Macs kostenlos mitgeliefert wird. Für ein Pendant zum kostenlosen Onlinespeicher Skydrive von Microsoft (25 GB) werden bei den Macs in derselben Spalte die 99 Dollar angeführt, die der Apple-Dienst MobileMe im Jahr kostet. Dabei erwähnt Microsoft weder, dass man auch mit einem Mac den Skydrive-Dienst kostenlos nutzen kann, noch dass MobileMe auch auf einem Windows-PC genutzt werden kann.

Krude erscheint auch die Argumentation beim Thema "Virenschutz". Da steht in der Macintosh-Spalte, dass man diesen "separat kaufen" müsse, obwohl eine der besten Anti-Virus-Lösungen für den Mac von Sophos kostenlos zu haben ist – und Mac-Nutzer eigentlich gar keinen Virenscanner brauchen. In der Windows-Spalte wiederum ist ein "gratis Virenschutz" aufgeführt, obwohl viele Windows-Anwender nicht auf kostenlose Programme wie Microsoft Security Essentials zurückgreifen, sondern auf kommerzielle Software. Aber irgendwie musste ja der Preis für das Hawaii-Ticket zusammenkommen, den man beim Kauf eines Windows-PCs angeblich spart.

Unklar ist auch, was Microsoft mit dieser Argumentation bewirken will. Sich mit schrägen Vergleichen als "Ryanair of Computing" positionieren? So kam die Aktion zumindest beim britischen Guardian an. Ohnehin spielt für viele Computer-Käufer der Kaufpreis nicht die wichtigste Rolle: "PCs sind Maschinen, die man über Jahre hinweg nutzt. Und möchtest Du diese Jahre in einem Sitz von Ryanair verbringen? Oder willst Du Dir nicht besser einen Platz besorgen, der einen kleinen Extra-Aufschlag kostet?"

(se)