Elektronische Werbung ohne Einwilligung: nur in Ausnahmefällen erlaubt

Wenn ein Kunde keine Werbung will, sollte man ihn damit auch nicht belästigen. Denn dann gibt es kein Wiedersehen an der Kasse, sondern eventuell vor Gericht, wie ein aktueller Fall zeigt.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Irgendwo da draußen muss es noch Kunden geben, die auf unverlangt eingesandte Werbung mit einem Kaufreflex reagieren. Anders kann man sich jedenfalls kaum erklären, warum so viele Händler ihren Kunden auch ohne deren ausdrückliche Einwilligung noch immer Werbebotschaften schicken und Ärger riskieren. Denn der Gesetzgeber hat im UWG klar geregelt, dass Werbung, die der Kunde nicht wünscht, eine unzumutbare Belästigung darstellt. Das sehen auch die Betroffenen so. Daher sollen solche Handlungen unterlassen werden.

Natürlich gibt es keine Regel (bzw. keine Vorschrift) ohne Ausnahme. Und so erlaubt der § 7 Abs.3 UWG das Zusenden von Werbung per Mail ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers in Fällen, in denen die beworbenen Waren den zuvor gekauften ähneln. Wie ein Online-Shopbetreiber jetzt vor dem Kammergericht Berlin feststellen musste, entscheidet bei der Frage nach der mutmaßlichen Ähnlichkeit aber nicht die subjektive Einschätzung des Verkäufers (Urteil vom 18.03.2011, Az.: 5 W 59/11).

Der Betreiber wurde von einem Kunden verklagt, der sich durch seine elektronische Werbung (Online-Werbung), die er in Form eines Newsletters erhielt, belästigt fühlte. Der Mann hatte in dem Shop das Geduldsspiel "Don´t break the bottle" als Geschenk für einen Party-Gastgeber gekauft und kein Interesse an weiteren Angeboten. Wenig später erhielt er E-Mail-Werbung des Shops und zwar ohne, dass er dem zuvor ausdrücklich zugestimmt hatte.

In der Mail wurden als "Must-haves für deine Silvesterparty" unter anderem ein "Wireless Lautsprecher Set", "Origami Papier-Servietten", "Leuchtende Party-Gläser", "Witzige Eiswürfelformen" und ein Musik-Abmischgerät beworben. Nach Ansicht des Händlers handelte es sich um "ähnliche Waren oder Dienstleistungen" – schließlich war auch das zuvor gekaufte Spiel ein Partyzubehör – und er berief sich auf die Ausnahmeregelung des § 7 Abs.3 UWG.

Nach dieser Logik könnte beispielsweise ein IT-Händler seinen Kunden ohne deren Einverständnis sein komplettes Portfolio per Mail anbieten – ist ja schließlich alles Technik. Diese Gefahr sahen die Richter auch und verneinten eine Ähnlichkeit der Produkte. Vielmehr, so ihr Urteil, handle es sich tatsächlich um die Zusendung einer unerlaubten Werbe-Mail.

Das ursprünglich eingekaufte Geduldsspiel und die nun beworbenen Waren seien nicht ähnlich. Denn Ähnlichkeit liege nur dann vor, wenn die Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen. Ein Lautsprecherset oder ein Mischgerät seien kaum als Geschenke für einen Party-Gastgeber geeignet. Vielmehr dienten sie eher als Einrichtungsgegenstand für das Durchführen einer Party. In dieser Weise seien sie in der Mail auch beworben worden. Darüber hinaus sei die Ausnahmeregelung des § 7 Abs.3 UWG auch deswegen abzulehnen, weil die Ähnlichkeit stets objektiv zu bestimmen sei. Nicht maßgeblich sei die subjektive Sichtweise des Werbenden, andernfalls könnte er durch diese Hintertür das ausdrückliche Werbeverbot umgehen.

Wer seinem Kunden unbedingt Werbung schicken will, sollte also genaustens darauf achten, dass die beworbenen Produkte dem gleichen Zweck dienen, wie die, die der Kunde bereits eingekauft hat. Wer seinen Kunden behalten will, sollte aber lieber eine Einverständniserklärung einholen oder auch einfach akzeptieren, dass es Kunden gibt, die Werbung schlicht nicht wollen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)