Gemischte Reaktionen auf Kriterien für Jugendschutzprogramme

Die Internetwirtschaft hat überwiegend positiv auf die Maßgaben der Kommission für Jugendmedienschutz zur Anerkennung nutzerautonomer Jugendschutzfilter reagiert, es gibt aber auch Skeptiker.

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Die Internetwirtschaft hat überwiegend positiv auf die Kriterien (PDF-Datei) zur Anerkennung von Jugendschutzprogrammen reagiert, die die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Ende vergangener Woche veröffentlicht hat. Die Branche spricht von einem "ersten guten Aufschlag". Begrüßt wird vor allem, dass die KJM Zugangsanbieter außen vor halten will und vorschreibt, dass unzulässige sowie entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte zu "mindestens 80 Prozent" blockiert werden müssen. Vorab war befürchtet worden, die Anforderungen an die Filterhersteller könnten unrealistisch hochgeschraubt werden.

Seit acht Jahren sieht der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) bereits vor, dass Inhalteanbieter ihre Schutzpflichten für Kinder und Jugendliche im Web auch durch ein von der KJM anerkanntes Filterprogramm erfüllen können. Die Kontrollstelle hatte bisher aber weder eine entsprechende Software für gut befunden noch nähere Anforderungen daran aufgestellt. Nun stellte die KJM klar, dass nutzerautonome Filterprogramme "keine unrealistischen Anforderungen an den technischen Sachverstand der Benutzer stellen und keine unangemessen hohen Kosten verursachen dürfen". Jugendschutzsoftware sollte auf verschiedenen Plattformen wie PC, Mobiltelefon oder Spielekonsole stabil laufen und mit anderen Anwendungen harmonieren.

Die KJM verlangt von Anbietern, Filterlisten "stets auf aktuellem Stand" zu halten. Die Filterprogramme dürften zudem nicht von Kindern und Jugendlichen mit einfachen Mitteln umgangen werden können. Ein "Stoppschild-Charakter" bei der Blockade nicht altersgerechter Inhalte solle vermieden werden, die Betroffenen sollten ausreichend informiert und ihnen Alternativen geboten werden. Am besten sollte die Software Eltern gratis angeboten werden und per Voreinstellung "mit wenigen Handgriffen" für die jeweilige Alterseinstellung "wirksamen Schutz" bieten. Dabei muss zumindest nach den Altersgruppen bis 12, bis 16 und bis 18 unterschieden werden.

Für die unterste Altersklasse rät die KJM allein zu "Whitelist-Konzepten", bei denen nur geprüfte und etwa im Verzeichnis "fragFINN" aufgeführte Webseiten freigeschaltet werden. Alle nicht gekennzeichneten Inhalte müssten "standardmäßig blockieren". Für die beiden anderen Gruppen könnten bei Einsatz einer Schwarzen Liste nicht mit einer Altersklassifizierung versehene Seiten dagegen prinzipiell freigegeben werden. Die KJM wolle allgemein testen, ob Eltern die Möglichkeit hätten, "nicht mit dem Labeling-Standard gekennzeichnete Angebote generell zu blockieren". Inhalteproduzenten, die sichergehen wollen, dass ihre Seiten Kindern uneingeschränkt weiter zur Verfügung stehen, kämen um eine Alterseinstufung so nicht herum.

Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) plädiert seit Langem für "anerkannte Jugendschutzprogramme". Damit würde Eltern "endlich ein elementares Instrument an die Hand gegeben, darüber zu entscheiden, was ihre Kinder im Internet tun dürfen und was nicht", betonte FSM-Geschäftsführerin Sabine Frank jüngst. Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, bezeichnete die Vorlage der Kriterien als "Schritt in die richtige Richtung". Eltern könnten künftig "ihre Kinder das Netz weitgehend selbstständig entdecken lassen". Gleichzeitig würden Webseitenbetreiber nicht übermäßig belastet. Alvar Freude vom AK Zensur bezeichnete die Empfehlung, alle nicht gekennzeichneten Inhalte für unter Zwölfjährige auszufiltern, dagegen als "problematisch". Weltfremd sei der Versuch, 16- bis 18-Jährige mit clientseitigen Filtern vom Ansteuern von Inhalten abhalten zu wollen. (anw)