Elektronische Fußfessel kommt bundesweit mit zentraler Techniksteuerung

Die Bundesländer Hessen und Bayern haben in Leipzig einen Staatsvertrag zur gemeinsamen Nutzung der Technik unterzeichnet. Diesem Staatsvertrag wollen die anderen Bundesländer nach und nach beitreten.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit der gesetzlichen Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Januar 2011 und der Debatte über die Sicherungsverwahrung wird der Einsatz der elektronischen Fußfessel wieder intensiv diskutiert. Auf der Jahrestagung des Verbandes für Sicherheitstechnik in Leipzig haben sich die Praktiker mit der Technik befasst, während im benachbarten Halle die Justizminister über die rechtlichen Grundlagen der Fußfessel berieten. Die Bundesländer Hessen und Bayern unterzeichneten dort einen Staatsvertrag zur gemeinsamen Nutzung der Technik mit einer zentralen Monitoring-Stelle im hessischen Bad Vilbel. Diesem Staatsvertrag wollen die anderen Bundesländer nach und nach beitreten. Derweil protestierte die Deutsche Polizeigewerkschaft gegen die Privatisierung dieser elektronischen Überwachung.

Seit über zehn Jahren wird der Einsatz der Überwachungstechnik in Hessen in einem immer wieder verlängerten Pilotprojekt getestet. Ursprünglich war die Fußfessel ein Mittel zur Wiedereingliederung von Verurteilten, die ein Wohnsitz und eine Arbeitsstelle haben und von speziellen Bewährungshelfern betreut wurden. Mit einem Präsenzmeldesystem wurde geprüft, ob sich eine Person zu festgelegten Tageszeiten in ihrer Wohnung aufhält. Mit dem Aufkommen von GPS-fähigen Mobiltelefonen und kostengünstigen Flatrates konnte die Fußfessel als ständig aktive Aufenthaltsüberwachung punkten. Sie wird jetzt vom "Betriebs- und Pflegeverbund für ein elektronisches Aufenthaltsüberwachungssystem" propagiert, dem alle 16 Bundesländer angehören, zum Beispiel für die Überwachung von Sexualstraftätern. Wie Rita Haverkamp vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Recht in Leipzig ausführte, werden derzeit in Deutschland zwei ehemalige Sicherheitsverwahrte mit Fußfesseln in einem Pilotprojekt überwacht.

Großbritannien, Schweden und Spanien führen die Statistiken über den Einsatz von elektronischen Fußfesseln an, wobei Großbritannien, das die elektronische Fußfessel seit 1989 einsetzt, mit über 60.000 Personen der Spitzenreiter ist. Spanien wiederum steht auf Platz 1 bei den Fußfesseln für Sexualstraftäter und besonders beim Opferschutz in Fällen von häuslicher Gewalt. Hier wird überwacht, ob ein Täter oder eine Täterin den vom Gericht bestimmten Abstand zum Opfer einhält.

In Hessen und Bayern ist der Einsatz der Technik bereits gesetzlich geregelt. "Hessen hat seit über zehn Jahren überaus positive Erfahrungen mit dem Einsatz elektronischer Fußfesseln gemacht und ist bundesweit Marktführer. Das dadurch erworbene Know-how stellt Hessen nun auch anderen Bundesländern zur Verfügung", erklärte der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP). Die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung soll die technische Aufbereitung der Daten übernehmen, während die Meldungszentrale im hessischen Bad Vilbel angesiedelt wird.

Weitere Bundesländer wollen sich dem Staatsvertrag anschließen, wenn ihre Landesgesetze geändert sind beziehungsweise die Landesparlamente den Gesetzesnovellen zugestimmt haben. Neben Baden-Württemberg sollen die Vorbereitungen in Schleswig-Holstein weit gediehen sein, wobei es unterschiedliche Vorstellungen dazu gibt, für wen die Fußfesseltechnik gedacht ist. Am weitesten pirschte Niedersachsens Innenminister Schünemann im Jahre 2005 vor, als er eine präventive Überwachung von Islamisten per Fußfessel vorschlug.

Auf der Begleitmesse der VfS-Tagung zeigte das Unternehmen Total Walther das Überwachungsprodukt, in dem sie in Baden-Württemberg Fußfesseln von ElmoTech einsetzt. Das Paket kostet 2500 Euro pro Person und Jahr, so erscheint die gesetzlich geforderte Selbstbeteiligung des Überwachten an den Kosten überschaubar. Für die Polizei ist jedoch genau dieser Aspekt bedenklich: "Es ist doch wohl ein trauriger Witz, wenn private Unternehmen und Polizei die Aufgaben der Bewährungsaufsicht erledigen sollen, die in der Verantwortung der Justiz stehen", heißt es in einer Stellungnahme der deutschen Polizeigewerkschaft zur Runde der Justizminister in Halle.

Auch ein Blick über die Grenze nach Österreich könnte die übertriebenen Erwartungen an die Aufenthaltsüberwachung dämpfen. Dort ist das Verfahren zum 1.September 2010 eingeführt worden, zusammen mit der Maßgabe, dass 500 Personen die Technik nutzen. Derzeit sind nach Angaben des ORF nur 227 Personen derart gefesselt. (anw)