Grüne kritisieren IT-Gipfel der Bundesregierung

Weder Parlament noch zivilgesellschaftliche Gruppen seien in die Vorbereitungen zum groß angekündigten IT-Gipfel der Bundesregierung eingebunden oder zum Gipfel eingeladen worden, bemängelt die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Auch aus dem Parlament erreicht Bundeskanzlerin Angela Merkel nunmehr eine kritische Nachfrage zum geplanten deutschen IT-Gipfel. Nachdem sich Nichtregierungsorganisationen (Non-governmental Organizations, NGOs) über die Einladepolitik beschwert hatten, richtete jetzt die Bundestagsfraktion der Grünen eine Kleine Anfrage an die Regierung. "Weder Parlament noch zivilgesellschaftliche Gruppen sind in die Vorbereitungen zum Gipfel eingebunden oder zum Gipfel selbst eingeladen worden", lautet die Kritik in der Anfrage aus dem Büro von Grietje Bettin. Darin sieht man bei den Grünen einen Widerspruch zu den Ergebnissen des Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS), bei dem sich Regierungen verpflichtet hatten, den privaten Sektor und die Zivilgesellschaft in den Aufbau einer solchen Informationsgesellschaft systematisch mit einzubeziehen und damit den erfolgreichen Multistakeholderansatz [die gemeinsame Teilhabe von Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, Anm. d. Red.] der beiden Gipfel fortzusetzen."

Genauer wissen wollen die Grünen unter anderem, wer von Regierungs- und wer von Nichtregierungsseite eingeladen und ob der Bundesbeauftragte für den Datenschutz mit einbezogen wurde. Außerdem will man eine Begründung für die exklusive Einladepolitik. Immerhin habe die Bundesregierung die WSIS-Erklärungen mit verabschiedet und darin die Einbeziehung der Zivilgesellschaft, also der jenseits von Parteien, Behörden, Institutionen und Wirtschaftsverbänden organisierten Gruppen, bei Fragen der Förderung der Informationsgesellschaft als wichtig erachtet. Darüber hinaus macht man sich bei den Grünen auch Sorgen um die Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen.

Neben den konkreten Fragen zum Gipfel, die sich auch noch auf das Ziel und die beabsichtigten Effekte für die weitere Entwicklung der "nationalen Strategie zur Informationsgesellschaft Deutschlands" erstrecken, holt man bei den Grünen mit der Anfrage gleich weiter aus und bittet um Auskunft zur Umsetzung der WSIS-Gipfelerklärungen von Genf und von Tunis sowie der Ergebnisse des ersten Internet Governance Forum (IGF) in Athen vor einem Monat. "Ist von der Bundesregierung in nächster Zukunft ein weiteres Programm zur Informationsgesellschaft zu erwarten, das die auf den Weltgipfeln (WSIS) vereinbarten Ziele und Programme auf nationaler Ebene umsetzt und insbesondere auf die gesellschaftlichen und menschlichen Aspekte der Informationsgesellschaft eingeht?", wollen Bündnis 90/Die Grünen nun erfahren.

Dabei will die grüne Fraktion auch wissen, ob sich die Bundesregierung an den in Athen gegründeten so genannten "dynamischen Koalitionen" beteiligen will, wie dies etwa Frankreich im Bereich der Datenschutzkoalition tut. Im weiteren Verlauf des Internet Governance Forum der UN sollen die dynamischen Koalitionen sich aus unterschiedlichen interessierten Gruppen zusammensetzen und ein Thema betreuen beziehungsweise Lösungen voranbringen. Der Zusammenschluss von Organisationen und Akteuren, die zu einem Thema im Bereich der Koordination und Regulierung des Netzes arbeiten, gehört zu einem der zentralen Ziele, die beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) formuliert wurden. Die Beteiligung an der dynamischen Koalition "Offene Standards" hält man bei den Grünen offenbar vor dem Hintergrund der im Programm iD2010 angekündigten Förderung solcher offenen Standards für eine naheliegende Konsequenz. Eine ähnliche Frage zielt auf die Beteiligung an der in Athen gegründeten Anti-Spam-Koalition, zu deren Gründungsmitgliedern britische Behörden, die OECD und die ITU gehören.

Ein halbes Dutzend weiterer Fragen der Anfrage betreffen IT-Projekte in Deutschland, darunter die in iD2010 angekündigten elektronischen Bürgerportale, mögliche Zugangskosten für die ebenfalls angekündigte deutsche Geodateninfrastruktur, weitere Pläne zum E-Government, E-Identity-Konzepte, die digitale Integration von Jugendlichen über die Programme "Schulen am Netz" und "Jugend ans Netz" hinaus und gleichzeitig den Schutz vor "schädlichen Medieninhalten." Auf eine Antwort hoffe man noch vor dem IT-Gipfel am 18. Dezember.

Siehe dazu auch:

(Monika Ermert) / (jk)