Afrikanische Staaten entwickeln Desertec-Konkurrenz

Noch in diesem Jahrzehnt sollen in Nordafrika Solar- und Windkraftwerke mit tausenden Megawatt Leistung ans Netz gehen. Nach Europa wird dieser Strom allerdings – noch – nicht fließen, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe.

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Noch in diesem Jahrzehnt sollen in Nordafrika Solar- und Windkraftwerke mit tausenden Megawatt Leistung ans Netz gehen. Nach Europa wird dieser Strom allerdings – noch – nicht fließen, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 6/2011 (ab morgen am Kiosk oder ab sofort im heise Shop online zu bestellen).

Marokko, das derzeit noch mit einem Anteil von 97 Prozent am Tropf ausländischer Strom-, Gas- und Öllieferanten hängt, will bis 2019 Solarkraftwerke mit 2000 MW Leistung an fünf Standorten bauen. Die Finanzierung für das erste 500-MW-Parabolrinnen-Kraftwerk in Ouarzazate wird vom Clean Technology Fund der Weltbank unterstützt. Zusätzlich zu den etwa 9 Milliarden Euro teuren Solarkraftwerken forciert Marokko den Bau von über zehn Windparks entlang des Atlas-Gebirges und an der Atlantikküste. "Mit diesen weiteren 2000 Megawatt wollen wir bis 2020 28 Prozent des marokkanischen Strombedarfs mit Wind und Sonne decken", sagt Abdellah Griech, verantwortlich für erneuerbare Energien beim marokkanischen Energieversorger One.

"Fast alle arabischen Staaten können Pilotprojekte oder eine Strategie zum Ausbau der regenerativen Energien vorweisen", so Hassine Bouzid von der Arabischen Liga. Je größer – wie in Marokko – die Abhängigkeit von Energieimporten ist, desto ambitionierter scheinen die Pläne. So will Jordanien bis 2020 seinen Anteil an grünem Strom von einem auf 10 Prozent steigern. Mit etwa 600 MW Leistung sollen Windparks in der Ma’an-Region, im Wadi Araba und an weiteren fünf Standorten die stetig starken Winde im ostjordanischen Bergland und im trockenen Süden des Landes nutzen. Im sonnigen Südosten ergänzen Solarthermiekraftwerke mit bis zu 300 MW Leistung die Energiestrategie des Staates. Selbst Saudi-Arabien will, statt wie bislang täglich bis zu 800.000 Barrel Öl für die landeseigene Stromerzeugung zu verfeuern, bis 2030 rund 100 Milliarden Dollar in neue Kraftwerke und Stromleitungen stecken.

Auch in Tunesien laufen trotz des Wechsels der politischen Machtverhältnisse die Vorbereitungen für den Bau zweier Solarkraftwerke mit je 100 MW Leistung, ein weiterer Ausbau bis auf 2000 MW nach 2020 wird angestrebt. Parallel schreiten mit der britischen Entwicklungsgesellschaft Nurenergie die Planungen für ein Unterseekabel nach Italien mit 2 Gigawatt Kapazität voran. Mit einer Umsetzung dieses wichtigen Anschlusses nach Europa ist vor dem kommenden Jahrzehnt jedoch nicht zu rechnen.

Das Desertec-Industriekonsortium hatte bereits vor einigen Jahren mit dem Plan für Furore gesorgt, bis 2050 etwa 15 Prozent der europäischen Energieversorgung mit Sonnenstrom aus den MENA-Staaten (MENA – Middle East and North Africa) abzudecken. Die Initiative verläuft jedoch schleppend. "Die MENA-Länder werden nicht auf die europäische Desertec-Initiative warten", ist sich Galal Osman, Vizepräsident der World Wind Energy Association aus Kairo, sicher. (wst)