Transparent, flexibel und 3D

Kühlschränke zum Reingucken, Glassubstrate auf Rollen, Displays im Snowboard: Die Besucher der DisplayWeek in Los Angeles konnten einen Blick auf die nahe Zukunft der Display-Technik werfen.

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Während in den vergangenen Jahren die auf der DisplayWeek gezeigten Displays gar nicht groß genug sein konnten, standen dieses Mal viele kleinere Schirme und ungewöhnliche Exponate im Fokus – und die Themen Transparenz, Flexibilität und Touch. Die 3D-Abteilung war natürlich ebenfalls vertreten, doch Brillen brauchten die Besucher diesmal kaum noch für den Tiefeneindruck: Auf der Konferenz der Gesellschaft für Informationsdisplays (SID) dominierten eindeutig die autostereoskopischen Displays – was die Hoffnung auf eine brillenlose 3D-Zukunft nährt.

Nachdem die SID-Konferenz im Krisen- und Grippejahr 2009 deutlich kleiner ausgefallen war, konnten die Veranstalter in diesem Jahr erneut Zuwächse verzeichnen. Dennoch waren nicht alle Großen der Display-Branche vertreten. So fehlten beispielsweise die taiwanischen Panelhersteller AUO und CMI, Sony war nur durch seine US-Abteilung Chemicals vertreten, Samsung Electronics hielt das Fähnchen für seine Mobile-Sparte hoch und LG Displays für LG Electronics.

Zwei Bilder, ein LCD: Das Fraunhofer Heinrich Hertz Institut aus Berlin fĂĽhrte vor, dass ein brillenloses 3D-Display fĂĽr zwei nebeneinander sitzende Betrachter unterschiedliche Bilder anzeigen kann (das mittlere Bild zeigt den Ăśbergang).

Die deutschen Forschungseinrichtungen – allen voran die Fraunhofer-Gesellschaft – bewiesen, dass Deutschland in Sachen Display-Entwicklung auch international mitspielen kann. Das Fraunhofer-HHI aus Berlin beeindruckte mit der Multiview-3D-Wiedergabe – mehrere Personen sehen die dreidimensionalen Bilder aus verschiedenen Positionen respektive Entfernungen, alternativ sehen zwei Personen zwei unterschiedliche Bilder am selben Schirm – und zeigte, wie man aus zwei Stereobildern automatisch mehrere Ansichten berechnet. Diese Ansichten benötigt man vor allem für autostereoskopische Displays.

In der Ausstellung konnte man die brillenlosen 3D-Schirme beispielsweise am Toshiba-Stand begutachten. Während der japanische Display-Hersteller im vergangenen Jahr seine Integral Imaging Technik lediglich an einem kargen Prototypen zeigte, wurde dieses Mal bereits ein Seriengerät in Form eines kleinen Fernsehers präsentiert. Für Mobil-Displays demonstrierte Toshiba eine brillenlose 3D-Technik, bei der das Display abwechselnd von zwei Seiten beleuchtet wird: Dioden an der einen Panelseite erhellen die Stereobilder fürs eine Auge, die LEDs an der anderen Seite die Bilder fürs andere Auge. Ein Prisma in der Lichtleitplatte des Backlight lenkt die Stereobilder jeweils zum richtigen Auge. Im normalen 2D-Betrieb leuchten beide LED-Zeilen gleichzeitig, die Auflösung ist bei 2D und 3D identisch. Da das Ganze dem zeitlichen Shuttern entspricht, benötigt man ein schnelles Panel – Toshiba nutzt flinke OCB-Panels (Optically Compensated Bend). Eines zeigte drei Zoll in der Diagonale und 400 x 240 Pixel, das 8-Zoll-LCD hatte 800 x 480 Pixel. Die Betrachter müssen wie bei Nintendos Spielkonsole 3DS einen definierten Abstand zum Display einhalten und sie dürfen den Kopf nicht zu weit seitwärts neigen, sonst verschwindet der 3D-Eindruck – der uns davon abgesehen sehr gut gefiel.

Der koreanische Display-Riese Samsung hält am Shutter-Prinzip fest, ermöglicht dem 3D-Fernsehzuschauer aber, billige Polfilterbrillen zu nutzen. Der Trick: Das Shuttern verlegte der Hersteller aus der Brille in ein zusätzliches Display am TV-Schirm und polarisiert abwechselnd die kompletten Bilder statt wie bei herkömmlichen Polfilter-TVs abwechselnd jede zweite Zeile. Die Darstellung behält dadurch auch im 3D-Betrieb die volle Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten. Außerdem entsteht so kein störendes Flimmern des Umgebungslichts durch die aktiven Brillen – stattdessen flimmerte allerdings die Darstellung am TV-Schirm selbst. Im gezeigten 46-Zoll-TV wurde das S-PVA-Panel intern mit 240 Hz angesteuert, das davor sitzende OCB-Panel für die schnelle Umpolarisation der TV-Bilder wird synchron zum Bildaufbau in horizontalen Segmenten angesteuert; hierdurch reduziert Samsung das Ghosting. Solche großen OCB-Panels dürften allerdings nicht ganz billig sein, und sie wurden bislang auch nicht in Serie in großen Diagonalen produziert. Wann die ersten „aktiven“ Polfilter-Displays auf den Markt kommen, konnte Samsung noch nicht sagen – man hoffe auf Ende dieses oder Anfang des nächsten Jahres, hieß es. Zwei andere Exponate mit aktivem Polfilter-LCD konnten weniger überzeugen: Vor allem am 23"-Monitor litt die 3D-Darstellung unter dem stark winkelabhängigen TN-Panel. Beim 17"-Notebook mit Full-HD-Auflösung war sie etwas besser.

Corning lieĂź dĂĽnne Display-Substrate aus Glas tagelang ĂĽber Rollen laufen und bewies damit eindrucksvoll, wie flexibel und doch stabil Glas sein kann.

Samsung präsentiert weitere 3D-Lösungen, darunter ein autostereoskopisches 55"-LCD mit schaltbaren Linsen für neun Ansichten, das allerdings deutliches Ghosting zeigte. Ein 70"-Display mit 4k-Auflösung (2340 x 2160 Pixel) und aktiver Shutterbrille brachte die Bildtiefe deutlich klarer rüber. Pixeltransistoren in der sogenannten Oxid-Semiconductor-Technik ermöglichen die enorme Pixeldichte – der koreanische Hersteller erhielt dafür die Auszeichnung für das beste Exponat der Ausstellung.

Die Auszeichnungen auf der DisplayWeek sorgten hinter den Kulissen für einige Unruhe: Apple hatte den Preis für das beste Display und für die beste Display-Anwendung des Jahres 2010 eingeheimst – obwohl das Unternehmen weder im Kongress noch in der begleitenden Ausstellung vertreten war. Bemängelt wurde zudem, dass Apple das ausgezeichnete Retina-Display des iPhone nicht selbst herstellt, sondern lediglich im Mobilgerät konfektioniert. Der zweite Preis ging in beiden Kategorien an einen echten LCD-Hersteller, nämlich an Samsung: Die Koreaner erhielten das silberne Krönchen jeweils für ein Super-AMOLED-Display mit integrierter Touch-Elektronik (sogenannter „On-Cell-Touch“) sowie für ihr Smartphone Galaxy S ebenfalls mit Super-AMOLED-Schirm. Display-Komponente des Jahres wurde ein farbiges E-Paper von E Ink, Platz zwei belegte ein vom taiwanischen Forschungsinstitut ITRI entwickeltes Substrat für biegsame Displays.

Flexibilität war eins der großen Themen auf der DisplayWeek. Eindrucksvoll demonstrierte unter anderem Corning, welche Möglichkeiten hier noch offen sind. Der führende Hersteller von Glassubstraten für die Display-Industrie ließ während der Ausstellung ein 0,1 Millimeter dünnes und etwa 50 Zentimeter breites Endlos-Glasband in hoher Geschwindigkeit über ein System aus Metallrollen laufen. Das unter dem EagleXG-Brand vertriebene Glassubstrat soll für flexible Displays genutzt werden – wie das von Corning präsentierte und am ITRI entwickelte biegsame Elektrophorese-Display mit Transistoren aus organischem Material.

Für herkömmliche LC-Displays in Monitoren und TVs werden meist etwa 1 Millimeter dicke Glassubstrate verwendet. Besonders stabil (bruchsicher und kratzfest) sind Cornings Gorilla-Gläser, die in vielen aktuellen Smartphones stecken. Sie lassen sich bei Dicken von 0,3 bis 0,7 Millimeter mit unterschiedlichen Rundungen herstellen; genutzt wird das in geschwungenen Smartphones wie beispielsweise dem Nexus S.

Ein Generator mit Piezo-Elektronik im Snowboard, der durch ErschĂĽtterungen aktiv wird, versorgt das reflektive E-Ink-Display mit Energie.

Der zweite große Glassubstrathersteller, Asahi Glass, stellte ebenfalls gläserne Blätter mit 0,1 Millimeter Dicke aus – hier auf einem großen Rollenträger. Die Entwicklung beim japanischen Unternehmen ist zwar noch nicht abgeschlossen, man liefere die Glassubstrate aber bereits auf der Rolle aus, erklärte ein Asahi-Mitarbeiter. Für die OLED-Fertigung in den aktuellen Fabriken der Generation 4,5 werden laut Asahi 0,3 Millimeter dünne Glassubstrate genutzt. Der Vorteil von Glas: Es hält höheren Prozesstemperaturen stand als Plastik, vergilbt nicht im Sonnenlicht und es ist diffusionsdicht – was für die organischen Stoffe elementar ist, da sie auf Wasser und Sauerstoff reagieren.

Allerdings ist das Handling der superdünnen Glassubstrate in der Fertigung nicht ganz einfach und die mechanische Stabilität des Glases nicht unbegrenzt. Deshalb schwören OLED-Hersteller wie UDC (Universal Display Corporation) auf dünne Metallfolien als Träger der organischen Leuchtschichten. Der Metallträger vereinfache insbesondere die Massenfertigung von der Rolle, erklärte ein UDC-Mitarbeiter.

Die Rolle-zu-Rolle-Produktion ist erklärtes Ziel fast aller OLED-Hersteller. Je größer die Display-Fläche ist, umso mehr lässt sich durch ein Druckverfahren sparen. Die in aktuellen Smartphones leuchtenden AMOLEDs werden ausschließlich mit aufwendigen Masken-Abschneideverfahren im Vakuum produziert – was sehr teuer ist und viel Ausschuss erzeugt. Die Forscher vom Fraunhofer IPMS aus Dresden stellten auf der DisplayWeek ein Verfahren vor, mit man OLEDs auf Metallsubstrate von der Rolle aufbringen kann. Dafür entwickelten sie ein geschlossenes System, in dem die organischen Stoffe in 14 Kammern auf das umlaufende Substrat gedampft werden.

Das strahlende Gebilde aus Metallfolie und organischer Leuchtschicht von UDC verformte sich, sobald Besucher näher kamen.

Bislang schien es so, als ob sich nur langkettige Polymere lösen und aufdrucken lassen, während die farbintensiven OLEDs aus kleinen Molekülen (Small Molecules) stets im Vakuum aufgedampft werden müssen. DuPont bewies in Los Angeles, dass Drucken auch mit SM-OLEDs klappt: Der US-amerikanische Hersteller druckt die organischen Stoffe als rote, grüne und blaue Endlosstreifen auf eine beschichtete Aktiv-Matrix-Backplane. Die Bereiche zwischen den Leuchtstreifen bleiben inaktiv und erscheinen später als Black-Matrix. Durch das Streifendruckverfahren sind im Herstellungsprozess keine teuren Masken nötig, denn die Streifen werden in der Breite eines RGB-Sub-Pixels angelegt. Der einfache Schichtaufbau erhöht zudem die Ausbeute an „guten“ Panels – beides wichtige Voraussetzungen für die preiswerte Produktion großer OLEDs. Am DuPont-Stand konnte man die Ergebnisse in Form eines nur 1,5 Millimeter dicken 4,3"-OLED mit 480 x 272 Pixeln (128 ppi) und eines noch etwas dünneren 5,8"-OLED mit 294 x 196 Pixeln begutachten. Neben den geringeren Kosten soll der neue Prozess auch die Homogenität der Displays verbessern.

TDK präsentierte auf der Messe Prototypen transparenter OLEDs und zeigte ein Handy mit einem durchsichtigen organischen Display. Beteiligt war an diesem OLED auch die Universität des Saarlandes: Am Institut für Mechatronik werden Möglichkeiten zur stromsparenden Display-Ansteuerung entwickelt. OLEDs stehen zwar theoretisch für einen geringen Energiebedarf, in der Praxis liegt dieser aber oft zu hoch. Die Forscher aus dem Saarland entwickeln deshalb Verfahren, mit denen (nicht nur) organische Displays möglichst effizient angesteuert werden können.

Ob mans braucht oder nicht – ein Hingucker ist so ein transparentes Handy-Display wie das von TDK allemal.

Bemerkenswert: Die großen koreanischen Hersteller, namentlich Samsung und LG, hielten sich bei den organischen Displays diesmal vornehm zurück. Stattdessen setzten sie auf die LCD-Technik, die deutlich günstiger in der Fertigung ist und ebenfalls Durchblick gewährt. So präsentierte LG ein semitransparentes Mobil-Display, das mit cholesterischen Flüssigkristallen arbeitet – diese sind bistabil und behalten nach Wegfall der Steuerspannung über längere Zeit ihre Lage beziehungsweise das Bild.

Ein prominenter Vertreter der cholesterischen LCDs fehlte in diesem Jahr: Kent Display. Die Firma führte in den vergangenen Jahren stets sehr liebevoll die Bistabilität ihrer LCDs vor – etwa am Beispiel von auf Knopfdruck die Farbe wechselnder Handygehäusen. Nun scheint das Unternehmen offenbar die ebenso simple wie ultimative Anwendung für seine cholesterischen LCDs gefunden zu haben: das Boogie-Board. Die etwa DIN-A5 große Tafel kann mit beliebigen Gegenständen oder der Hand beschrieben und auf Knopfdruck gelöscht werden. Es heißt, Kent komme mit der Fertigung kaum hinterher, so groß sei die Nachfrage in den USA. Die kommende Version des Boards soll einen Flash-Speicher integrieren, in den man Nachrichten ablegen oder gelöschte von dort zurückholen kann. Außerdem ist eine farbige und eine A4-große Variante der digitalen Schreibtafel geplant.

Das transparente TĂĽr-Display gibt den Blick auf das Innere des KĂĽhlschranks frei und kann zugleich Werbung einblenden.

Samsung hatte sich fĂĽr die Ausstellung auf der Display-Messe wieder ein paar eindrucksvolle Hingucker ĂĽberlegt. So fĂĽhrte das Unternehmen die Transparenz seiner LC-Displays mit einem KĂĽhlschrank vor, der bewegte Bilder zeigte und zugleich den Blick auf das gekĂĽhlte Innere freigab. Stets von Besuchertrauben umgeben war auch ein kleines Schaufenster, das sich ĂĽber einen unsichtbaren Schieberegler mit einer digitalen (LCD-)Jalousie verdunkeln lieĂź.

In Sachen Touch hatte der koreanische Hersteller ein weiteres Exponat am Stand, das viele Blicke – und Finger – anzog: ein 40-zölliges Display, das mehrere Annäherungs- beziehungsweise Berührungspunkte gleichzeitig sicher erkennt und sogar schnelle Wischbewegungen detektiert; die Infrarot-Sensoren werden 60 Mal pro Sekunde ausgelesen. Theoretisch ließe sich auch die Entfernung zur Display-Oberfläche auswerten und so ein druckempfindlicher Sensor simulieren.

Samsungs Infrarot-Touch im 40"-LCD folgt schnellen Bewegungen auch mehrerer Hände problemlos, das obere LCD zeigt die IR-Aufnahme.

Die Farbfilter im Display verlegte Samsung hinter die LC-Schicht und brachte die IR-Sensoren vor dem Flüssigkristall auf. Anders als herkömmliche LCDs mit projiziert kapazitivem Touch benötigte das IR-Touch-Display keine zusätzliche Scheibe, weshalb das Umgebungslicht kaum reflektiert wurde. Auch beim OLED-Display des Smartphone Nexus S hat Samsung die Touch-Schicht unter das Deckglas verlegt. Für LCDs geht so etwas nur bei Panels mit IPS-Technik, wie Toshiba am Beispiel von Displays für den Automobilbereich demonstrierte: Der Finger verändert im Berührungspunkt die Kapazität zwischen Deckglas und Pixelsubstrat – bei Panels mit TN- und VA-Technik würde sich hierdurch auch die am Flüssigkristall anliegende Spannung ändern und damit der Inhalt des berührten Bildausschnitts.

Während Samsung sehr hohe Pixeldichten im Mobil-Display durch seine von der Firma Nouvoyance aufgekaufte PenTile-Technik realisierte – gezeigt wurde ein 10"-LCD mit 2560 x 1600 Pixeln –, trumpfte Toshiba mit einem 4"-LCD mit 1280 x 720 Pixeln auf, also echten 367 dpi. Sharp zeigte, dass Displays auch ohne exorbitante Auflösungen wie gedruckt aussehen können, nämlich durch eine nahezu vollständig reflexionsfreie Schirmoberfläche. Die Darstellung der Sharp-LCDs wirkte auch im hellen Hallenlicht ungemein realistisch, wie ein Gemälde – mit einem spiegelnden Display egal welcher Auflösung gelingt das nicht.

Die Firma E Ink setzt auf ein anderes Prinzip: Ihre E-Paper-Displays nutzen das Umgebungslicht zur Darstellung, arbeiten also rein reflektiv. E Ink zeigte neben einigen sehr peppigen Exponaten – darunter Snowboards mit Wetteranzeige, digitale Notenblätter und schrille Werbeplaketten – ein mit 300 dpi sehr fein auflösendes E-Paper im Organizer-Format. (uk)