Schäuble: Internet ist "Fernuniversität und Trainingscamp" für Terroristen

In einer Grundsatzrede zur Sicherheit machte Bundesinnenminister Schäuble deutlich, dass die Kontrolle des Internet auch ein primäres Thema der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sein wird.

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Von
  • Florian Rötzer

In seiner Rede über die „Gesamtstaatliche Sicherheit“ auf einer Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik warnte Bundesinnenminister Schäuble heute wieder vor den Gefahren des Internet. Für die Terroristen sei es zu „Fernuniversität und Trainingscamp“ geworden.

Schäuble hob in seiner Rede, die als Berliner Grundsatzrede zur Sicherheit bezeichnet wird, besonders den islamistischen Terrorismus hervor, der das Internet nutze, um Anhänger zu rekrutieren und auszubilden sowie Anschläge vorzubereiten. Deutschland sei weiterhin durch den internationalen Terrorismus bedroht.

Schäuble machte deutlich, dass er die Kontrolle des Internet auch zu einer seiner primären Aufgaben während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft machen will. Deutschland müsse bei der Terrorismusbekämpfung stärker mit den anderen Ländern zusammen arbeiten.

Im Januar beginnt die beim Gemeinsamen Terror-Abwehr-Zentrum von Polizei und Geheimdiensten (GTAZ) eingerichtete Einheit von Internetfahndern ihre Arbeit. Diese "Internet Monitoring und Analysestelle" (IMAS) soll frühzeitig Informationen auswerten und dazu beitragen, Gefährdungen zu verhindern. Schäuble wies auch auf die wachsende Bedeutung der Geheimdienste bei der Bekämpfung des Terrorismus hin. Verfassungsschutz und BKA haben für die Kontrolle des Internet zusammen fast 100 Millionen Euro erhalten.

Angeblich wurde im BKA bereits damit begonnen, Mittel zum heimlichen Ausspähen von Computern zu entwickeln. Möglich wären Trojaner oder andere Spionageprogramme, die über E-Mail oder über Webseiten auf die Festplatten geschmuggelt werden. Wie der Tagesspiegel berichtet, wurde die Entwicklung aber erst einmal wegen rechtlicher Bedenken eingestellt. Möglicherweise will man erst einmal die in Nordrhein-Westfallen geplante Veränderung des Verfassungsschutzgesetzes abwarten, in dem Verfassungsschützern ebenfalls ohne richterliche Anordnung das heimliche Ausspähen von Festplatten über das Internet gestattet werden soll. Hier ist zu vermuten, dass das vom FDP-Innenminister Wolf eingebrachte Gesetz, das bereits in zweiter Lesung behandelt wurde, vom Landtag angenommen und damit zum Präzendenzfall wird (vgl. Lauschangriff auf Festplatten). Schließlich widerspricht das Hacken eines Computers der von der Verfassung garantierten Unverletzlichkeit der Wohnung.

Merkwürdig mag auch anmuten, dass das BKA und der Verfassungsschutz vermutlich Trojaner und andere Programme zum Eindringen in Computer entwickeln (oder gar schon eingesetzt haben, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete), während der Bundesinnenminister heute gleichzeitig sagte, dass auch Kriminalität im Internet zunehme, wobei er insbesondere auf Computerviren und Trojaner verwies. Man würde auch verstärkt über das Internet Wirtschaftsspionage betreiben und Computersysteme von Unternehmen und Behörden angreifen. (fr)