Apple und die Cloud

Das Internet wird beherrscht von einer "Gang of Four", der auch Apple angehört, meint zumindest Google-Chairman Eric Schmidt. Hoffentlich wiederholt das Unternehmen in der "iCloud" nicht die Fehler, die es mit MobileMe gemacht hat.

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Von
  • Christoph Dernbach

Dass Google-Chairman Eric Schmidt sein eigenes Unternehmen zu den treibenden Kräften in der High-Tech-Welt zählt, wird niemanden verwundern. Doch seine Liste der "Gang of Four", der Viererbande, die derzeit das Internet beherrsche, überraschte auf der Konferenz "D9 – All Things Digital" doch manchen Besucher: Amazon, Apple, Facebook und Google seien die Unternehmen, "die ihre Plattform-Strategien sehr gut umsetzen."

Im Universum von Eric Schmidt ist Amazon nicht nur der Platz, wo man quasi alles kaufen kann, sondern auch ein mächtiger Anbieter von Cloud-Diensten. Apple fasziniere seine Kunden mit einem herausragenden Design und innovativen Produkten. Facebook organisiere das "social life" im Netz und Google kenne die Zugangswege zu allen Informationen, sagte er.

Google-Chairman Eric Schmidt: Apple gehört zu den Großen Vier im Internetgeschäft

Schmidt rechnete den Konferenzteilnehmern vor, dass der Wert dieser vier Firmen inzwischen mehr als eine halbe Billion Dollar beträgt. So etwas gab es in der Geschichte der High-Tech-Industrie noch nie. Und der Google-Chairman geht davon aus, dass sich diese Konstellation so schnell nicht ändern wird. Für gegenseitige Übernahmen seien die Vier jeweils zu groß. Außerdem würden die Kartellbehörden einschreiten. Eigentlich könnten nur die vier Unternehmen selbst für einen Ausschluss aus der "Gang of Four" sorgen, wenn beispielsweise in einer Welt des ständigen technologischen Wandels die Qualität der Produkte nicht mehr stimme.

"Und was ist mit Microsoft?", wollte D9-Gastgeber Walt Mossberg wissen. Für Eric Schmidt spielt der weltgrößte Software-Konzern an der Top-Spitze der IT-Welt keine tragende Rolle mehr. Microsoft sei mit seinen beiden Hauptprodukten Office und Windows zwar noch gut in der Business-Welt aufgestellt und verdiene gutes Geld. Es fehle aber an einer Marke für die Konsumenten, meinte Schmidt, die für einen überragenden Erfolg in der IT-Welt inzwischen unerlässlich sei.

Es blieb dann dem Digital-Chef von Rupert Murdochs News Corp., Jonathan Miller, überlassen, auf der D9 darauf hinzuweisen, dass Microsoft mit der Xbox und insbesondere Kinect sehr wohl über Marken für Endverbraucher verfügt. Dennoch sieht Schmidt Microsoft nicht einmal auf den Plätzen fünf oder sechs, sondern eher Firmen wie Twitter oder PayPal.

Das iCloud-Icon, wie Apple es auf der WWDC zeigt

Ob die Einordnung von Apple in den Club der Top-Vier-Internetgiganten wirklich gerechtfertigt ist, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen. Auf der Entwicklerkonferenz WWDC 2011 wird Steve Jobs in der kommenden Woche persönlich den Service "iCloud" vorstellen, der im Kern aus einem Musik-Streaming-Dienst bestehen wird. Hoffentlich startet "iCloud" nicht mit einer Pannenserie wie MobileMe im Jahr 2008. Der Nachfolger des Dot-Mac-Dienstes erhielt damals nicht nur schlechte Rezensionen von traditionell Apple-freundlichen Journalisten wie Walt Mossberg vom Walt Street Journal, sondern verärgerte mit seinen Kinderkrankheiten viele treue Apple-Kunden.

In der aktuellen Ausgabe von Fortune kann man nachlesen, wie Steve Jobs damals mit der Pleite umgegangen ist: Laut dem authentisch klingenden Bericht versammelte Jobs damals das gesamte MobileMe-Team in der "TownHall" auf dem Apple-Campus in Cupertino, in der sonst neue Produkte der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Er fragte seine Leute, welche Funktionen MobileMe erfüllen solle. Nachdem ein Mitarbeiter die definierten Produkteigenschaften brav vorgetragen hatte, fragte Jobs das Team: "Und warum funktioniert es verdammt noch mal nicht? Ihr habt den Ruf von Apple befleckt. Ihr solltet jeden von Euch hassen, weil ihr Euch so habt gehen lassen." So viel zum Management-Stil des großen Motivators.

Im Vergleich dazu behandeln sich die Mitglieder der "Viererbande" geradezu zivilisiert: Zumindest nach dem Vortrag von Eric Schmidt auf der D9 kann man den Eindruck gewinnen, dass sie sich gegenseitig nicht wirklich die Augen auskratzen, selbst wenn Apple und Google einen erbitterten Wettstreit im Mobilfunkmarkt führen. Schmidt verwies darauf, dass sein Unternehmen und Apple unlängst die Vereinbarung erneuert haben, mit denen Google als präferierte Suchmaschine in den verschiedenen Safari-Versionen festgelegt wird. Außerdem empfahl Schmidt den Konferenzbesuchern, sich für einen Mac zu entscheiden, wenn sie einen wirklich sicheren PC haben wollen – trotz der aktuellen Probleme mit Scareware-Programmen wie MacDefender. Die Zeit an der Seite von Steve Jobs im Verwaltungsrat (Board) von Apple scheint an Eric Schmidt nicht spurlos vorüber gegangen sein. (se)