Fujitsu will dem Fachhandel die Cloud schmackhaft machen

Dem Bezug von IT-Anwendungen und –Infrastruktur als Service gehört die Zukunft. Noch müssen aber Kunden wie auch der Handel vom Cloud-Computing überzeugt werden – daran arbeitet Fujitsu mit Kräften.

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Von
  • Bernd Reeder
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Bei IaaS-Services, die Anwender im eigenen Unternehmen betreiben (Private Cloud) sind laut der Experton-Studie Cloud Vendor Benchmark 2011 neben Anbietern von IT-AusrĂĽstung wie IBM, HP und Fujitsu auch IT-Dienstleister wie T-Systems und SIS in der Spitzengruppe vertreten.

(Bild: Experton Group)

Cloud-Computing nimmt in Deutschland allmählich Fahrt auf. Davon kann auch der Fachhandel profitieren. Doch viele Reseller betrachten Cloud-Angebote immer noch mit Misstrauen und setzen auf bewährte Produkte wie den Vertrieb von Hard- und Software. Fujitsu will dieses Verhaltensmuster ändern, unter anderem mit einem Angebot für Independent Software Vendors (ISV) und einem Konzept, das dem Fachhandel alles aus einer Hand bietet – vom Server bis zum Cloud-Service.

Bernhard Brandwitte, Head of Portfolio Marketing bei Fujitsu, bringt es auf den Punkt: "Viele Reseller haben nach wie vor Spaß daran, Hardware zu verkaufen". Doch obwohl die Nachfrage nach Servern, Speichersystemen und Netzwerkkomponenten wieder anzieht, ist die Situation in diesem Marktsegment alles andere als rosig. Der harte Konkurrenzkampf, verschärft durch den Direktvertrieb vieler Produkte durch E-Tailer und die Hersteller selbst, hat die Margen schrumpfen lassen.

Cloud-Computing in Deutschland (4 Bilder)

SaaS dominiert das Feld

Die meisten Nutzer von Cloud-Computing griffen laut der Beratungsgesellschaft PwC im vergangenen Jahr auf Software-as-a-Service-Angebote zurĂĽck. (Bild: PwC)

Deshalb, so Brandwitte im Gespräch mit heise resale, seien Cloud-Computing-Services für den Fachhandel hoch interessant: "Der Reseller hat nur ein geringes Risiko, weil er keine Vorleistungen erbringen muss, etwa ein Rechenzentrum einzurichten. Das übernimmt ein Service Provider wie Fujitsu." Zudem seien die Margen im Service-Geschäft deutlich höher als beispielsweise beim Verkauf von Hardware.

Bernhard Brandwitte, Head of Portfolio Marketing bei Fujitsu: "Fachhändler, Value-Added-Reseller und Systemhäuser eröffnen Cloud-Services die Chance, sich zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen – neben klassischen Geschäftsfeldern wie dem Vertrieb von Hard- und Software."

(Bild: Fujitsu)

Dennoch scheinen nicht nur Reseller, sondern auch potenzielle Anwender in Deutschland der "Wolke" noch mit einer gewissen Skepsis zu begegnen. So haben sich nach Daten der Marktforschungsgesellschaft Experton Group von 2010 rund 71 Prozent der Unternehmen hierzulande noch nicht mit Cloud-Computing beschäftigt; 8 Prozent lehnen diese Technologie ab. Für Systemhäuser, Value Added Reseller (VAR) und den Fachhandel ist das ein Indikator, dass das Geschäft mit Cloud-Angeboten noch ganz am Anfang steht.

Immerhin taxiert Experton den Umsatz mit Cloud-Computing-Produkten in Deutschland im laufenden Jahr auf rund 2 Milliarden Euro. Davon entfallen 930 Millionen auf Cloud-Services, an die 671 Millionen Euro auf Technologie wie Hard- und Software, der Rest auf Beratungs- und Integrations-Dienstleistungen. Bis 2015 erwarten die Marktforscher einen Anstieg des Umsatzes mit Angeboten rund um die Cloud auf mehr als 8 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Umsatz mit Server-Systemen betrug laut IDC im vergangenen Jahr im Raum EMEA 13,8 Milliarden Dollar. Rund ein Viertel davon entfiel auf Deutschland. Kein Wunder, dass viele Fachhändler weiterhin lieber auf das vertraute Hardware-Geschäft bauen, als sich mit Cloud-Computing zu beschäftigen.

Noch viel "Luft nach oben": Fast 80 Prozent der deutschen Unternehmen haben sich noch nicht mit Cloud-Services beschäftigt oder lehnen solche Angebote ab. Das heißt für Systemhäuser und Fachhändler, dass sie bei ihren Kunden Überzeugungsarbeit leisten müssen.

(Bild: Experton Group)

Doch das ist zu kurz gedacht, konstatiert André Kiehne, Vice President Cloud Computing Business bei Fujitsu: "Nach unseren Erfahrungen sind es gerade mittelständische Firmen hierzulande, die in Cloud-Services die Chance sehen, auf einfache Weise Zugang zu IT-Technologien zu erhalten, sie sie sich ansonsten nicht leisten könnten." Für den Channel wiederum böten Cloud-Angebote daher die Chance, bei überschaubarem Risiko neue Geschäftsfelder zu erschließen. "Reseller können mithilfe solcher Dienstleistungen vorhandene Kunden binden und neue hinzu gewinnen", ist Kiehne überzeugt. "Zudem profilieren sich Reseller, die Cloud-Services in ihr Portfolio aufnehmen, als innovative und zukunftsorientierte Partner ihrer Kunden."

Derzeit ist die Zahl der Reseller, welche das Cloud-Angebot von Fujitsu in ihr Portfolio aufgenommen haben, noch überschaubar. Mitte Mai 2011 lag sie bei 60, jedoch nicht alleine in Deutschland, sondern im Raum Europa, Naher Osten, Afrika und Indien. Allerdings, so versichert André Kiehne, seien etliche weitere Partner derzeit dabei, den Einstieg in das Geschäft mit Cloud-Services von Fujitsu vorzubereiten. Dennoch ist die niedrige Zahl ein Beleg dafür, dass das Geschäft mit Cloud-Angeboten noch am Anfang steht – auch für die Partner von Fujitsu.

André Kiehne, Vice President Cloud Business von Fujitsu: "Vor allem Mittelständler profitieren von Cloud-Angeboten, weil sie Zugang zu denselben IT-Lösungen erhalten, die sich sonst nur Großunternehmen leisten können."

(Bild: Fujitsu)

Wohl auch aus diesem Grund forciert Fujitsu derzeit eine Ausweitung seines Cloud-Computing-Angebots. Bislang konzentrierte sich das Unternehmen auf Infrastructure-as-a-Service-Angebote (IaaS). Diese entwickelt Fujitsu nun behutsam in Richtung "Plattform"- und Software-as-a-Service (PaaS; SaaS) weiter. Ein Trend, den auch das ISV-Cloud-Programm des Anbieters widerspiegelt.

Fujitsu bietet Independent Software Vendors seine Cloud-Dienste als Plattform an, über die sie eigene Software-Angebote vermarkten können. Ein Beispiel dafür ist der österreichische ISV Verpura. Das Unternehmen stellt kleinen und mittelständischen Firmen Unternehmenssoftware auf Mietbasis zur Verfügung, etwa Kundenbetreuungs-Software (CRM). Zwar bildet das IaaS-Angebot von Fujitsu immer noch die Grundlage der Lösung. Allerdings hat das Unternehmen nach Angaben von Dr. Peter Meinen, Chief Technology Officer Fujitsu Enabling Software Technologies, weitere Services integriert, etwa die Abrechnung der genutzten Software oder die Kundenverwaltung. "Solche Modelle eignen sich auch für ISVs, die beispielsweise Reisebüros Dienste wie das Buchen von Reisen offerieren möchten, inklusive der Verwaltung der Kundendaten", erläutert Meinen.

Auch die Candor Technologies GmbH in Hersbruck nahe Nürnberg nutzt Fujitsu ISV-Cloud-Plattform, um darüber ihr Sales Information System (SIS) zu vermarkten. SIS ist ein CRM-Tool, das als SaaS-Anwendung bereitgestellt wird. "Auch andere Software-Entwickler, Value Added Reseller oder auch Fachhändler können auf diese Weise Software-Produkte als Service anbieten", unterstreicht Meinen.

Die Marktforschungsgesellschaft Experton Group erwartet in Deutschland bis 2015 einen Anstieg des Marktvolumens im Bereich Cloud-Computing auf 8 Milliarden Euro.

(Bild: Experton Group)

Bis Fujitsu sein Cloud-Angebot allerdings um Komponenten für Software-as-a-Service oder gar Platform-as-a-Service ergänzt hat, dürfte noch einige Zeit vergehen. Derzeit fokussiert sich das Unternehmen – noch – auf Infrastructure-as-a-Service. Das stellt auch die Experton Group in ihrer Studie "Cloud Vendor Benchmark 2011" fest. Zwar habe der Hersteller nach Einschätzung der Analysten seine Services im Vergleich zum letzten Jahr deutlich verbessert. Allerdings liege der Schwerpunkt immer noch auf dem Bereich Infrastruktur. Dies hat nach Angaben von Experton eine bessere Bewertung verhindert.

Immerhin räumt die Experton Group ein, dass Fujitsu im vergangenen Jahr große Anstrengungen unternommen hat, um sein IaaS-Angebot "marktkonformer zu gestalten". In fast allen Punkten, welche die Beratungsgesellschaft in der letztjährigen Untersuchung kritisierte, hat es demnach Verbesserungen gegeben. So wurden beispielsweise Bereitstellungszeiten verkürzt, ebenso die Mindestvertragszeiten.

Die Einschränkungen bei der Auswahl der Betriebssysteme sind laut Experton die einzigen wichtigen Punkte, die noch verbesserungswürdig seien. Derzeit bietet Fujitsu über seine Cloud zwei Betriebssystem-Plattformen an: Windows und Suse Linux. Sonderlich schlüssig erscheint diese Kritik an Fujitsu in der aktuellen Studie jedoch nicht. Denn das von Experton darin hoch gelobte "Virtual Data Centre" des britischen Anbieters BT stellt laut Datenblatt ebenfalls nur Windows und Linux bereit: Windows Server 2003 und 2008 R2 sowie Redhat Linux.

Unter dem Stich, so das Fazit der Studie, sei Fujitsu jedoch, ebenso wie die Anbieter IBM, Hewlett-Packard und Oracle, in einer "idealen Ausgangsposition", um den Anwendern Cloud-Computing als Komplettlösung bieten zu können. Alle diese Unternehmen verfügen demnach über Produkte und Services, die für das Zusammenspiel zwischen Cloud-Infrastruktur- und Middleware-Komponenten erforderlich seien.

Für Vertriebspartner bedeutet dies: Sie müssen sich nicht vom geliebten Geschäft mit Servern und Speichersystemen verabschieden, wenn sie zusätzlich Cloud-Angebote vermarkten möchten. Denn viele Anwender in Deutschland werden zunächst "in Eigenregie" Cloud-Umgebungen einrichten und betreiben, Stichwort "Private Cloud". Und dazu ist nun einmal Hardware nötig. Es ist jedoch absehbar, dass immer mehr Anwender die Vorteile anderer Cloud-Angebote entdecken, etwa die Nutzung von Anwendungen, die über die "Wolke" bereitgestellt werden. Auf diesem Weg können Reseller ihre Kunden begleiten, indem sie diese beraten und bei der Implementierung von Cloud-Services unterstützen. (map)