Gutachten: Glücksspielstaatsvertrag immer noch nicht EU-konform

Der aktuelle Entwurf für den neuen Glücksspielstaatsvertrag entspricht laut einem vom Wettanbieter Betfair in Auftrag gegebenen Gutachten des Staatsrechtlers Bernd Grzeszick von der Universität Heidelberg nicht den Anforderungen des europäischen Rechts.

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Der aktuelle Gesetzesentwurf für die Neuregelung des Glücksspiels in Deutschland entspricht nach Ansicht des Staatsrechtlers Bernd Grzeszick nicht den Anforderungen des europäischen Rechts und gerate darüber hinaus in Konflikt mit der deutschen Verfassung. Zu diesem Fazit kommt der Direktor des Instituts für Staatsrecht und Verfassungslehre der Universität Heidelberg in einem für den Wettanbieter Betfair erstellten Gutachten, das am Freitag vorgestellt wurde und das heise online vorliegt.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 8. September 2010 muss der Glücksspielstaatsvertrag der Bundesländer weiter reformiert werden, um das staatliche Glücksspielmonopol aufrecht erhalten zu können. Der EuGH hatte unter anderem moniert, dass der Staat seinen Monopolanspruch nicht mit Suchtprävention begründen und gleichzeitig massiv für seine Lotterien werben könne. In ihrer aktuellen Form verstoße die deutsche Regelung gegen die EU-Vorgaben zum freien Dienstleistungsverkehr und der Niederlassungsfreiheit.

Ein im April von der Mehrheit der Ministerpräsidenten gefundener Kompromiss für eine Neuregelung sieht eine Experimentierphase vor, während der der Sportwettenmarkt mit sieben Lizenzen für nichtstaatliche Anbieter teilweise geöffnet werden soll. Nicht-lizenzierte Anbieter sollen mit technischen Blockaden dem deutschen Online-Markt ferngehalten werden. Für Lotterien soll weiterhin das staatliche Monopol gelten. Der Entwurf wird vorn verschiedener Seite scharf kritisiert. Derzeit liegt das Papier bei der EU-Kommission – und damit erstmal auf der langen Bank. Die auch noch erforderliche Zustimmung der Länderparlamente ist alles andere als sicher.

Selbst wenn der Entwurf diese Hürden nehmen würde, dürfte er nach Ansicht des Gutachters Grzeszick vom EuGH wieder kassiert werden. Der Jurist hält das Papier für nicht mit Unionsrecht vereinbar. So sei etwa die vom EuGH ausdrücklich kritisierte Inkonsistenz der Behandlung von Automatenspiel und Sportwetten nicht beseitigt worden. Das mit höherem Suchtpotential verbundene Automatenspiel sei relativ frei zugänglich, während Sportwetten massiven Einschränkungen unterlägen. Die geplante Beschränkung auf sieben Konzessionen für private Sportwettenanbieter sei unverhältnismäßig und unbegründet. Dagegen seien Pferdewetten privaten Anbietern unbegrenzt zugänglich.

Darüber hinaus hält Professor Grzeszick den Entwurf für "verfassungsrechtlich bedenklich". Der Glücksspielstaatsvertrag sei mit der Berufsfreiheit privater Anbieter (Art. 12 GG) nicht zu vereinbaren. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung eines solchen Eingriffs sei zweifelhaft, da die Regelung angesichts der restriktiven Lizenzierung nicht geeignet sei, den Schwarzmarkt einzudämmen. Eine striktere Regulierung des gewerblichen Geldautomatenspiels geriete darüber hinaus in einen unauflöslichen Konflikt mit den Grundrechten der privaten Automatenbetreiber und berge für den Staat "das Risiko erheblicher finanzieller Ausgleichsverpflichtungen". (vbr)