Gericht: 1700 eBay-Bewertungen lassen keinen Rückschluss auf gewerbliches Handeln zu

Unternehmerisch tätig sei ein eBay-Mitglied erst dann, wenn es die Kriterien eines Powersellers erfülle, befand das Landgericht Coburg. Zahlreiche Gerichte greifen hingegen auch auf andere Kriterien zurück.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 266 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Sobald Anbieter auf Online-Versteigerungsplattformen Waren in großem Umfang verkaufen, gelten sie rechtlich als Unternehmer und müssen unter anderem auf das Widerrufsrecht hinweisen. Wer dagegen verstößt, kann von Mitbewerbern kostenpflichtig durch einen Anwalt abgemahnt werden. Laut einer für deutsche Gerichte höchst ungewöhnlichen Pressemitteilung des Landgerichts (LG) Coburg könne aber selbst bei 1700 Bewertungen nicht von einer gewerblichen Tätigkeit ausgegangen werden (Az. 1 HK O 32/06). Erst wenn der Verkäufer die Kriterien von eBay als Powerseller erfülle, handele er nicht mehr privat. Zahlreiche Gerichte greifen hingegen auch auf andere Kriterien zurück.

Ein eBay-Verkäufer, der mit Modebekleidung sein Geld verdient, war gegen einen Mitbewerber vor Gericht gezogen, der auf seiner Web-Seite keine Angaben zu den Verbraucherschutzvorschriften wie beispielsweise dem Widerrufsrecht gemacht hatte. Darin sah der Konkurrent einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG) und verlangte vom Gericht, den Mitbewerber zur Angabe der entsprechenden Verbraucherrechte zu verpflichten. Als Hauptargument führte er an, dass der Kollege aufgrund von 1700 Mitgliederbewertungen nicht privat, sondern gewerblich handele und somit das UWG zu beachten habe.

Dem schenkte das Gericht hingegen keine Beachtung und wies die Klage rechtskräftig ab. Allein aus dem Umstand von 1700 Bewertungen könne noch nicht auf ein unternehmerisches Handeln geschlossen werden. "Dagegen spreche insbesondere, dass der Beklagte nicht die Kriterien eines (eBay-)'Powerseller' erfüllt: Nämlich ein Handelsvolumen von mindestens 3000 Euro Umsatz oder wenigstens 300 verkaufte Artikel pro Monat", so das Landgericht im Wortlaut. Allerdings machte das Gericht in seiner ungewöhnlichen Pressemitteilung auch darauf aufmerksam, dass man bei eBay aufpassen müsse und kommt in einem "Fazit" zu dem Ergebnis: "Die Realität kann einen schnell einholen und teuer zu stehen kommen, überschreitet man auf dem virtuellen Markt eBay gewisse Grenzen".

Die Einordnung von eBay-Verkäufern als Unternehmer allein auf Grundlage eines Powerseller-Status wird von zahlreichen Gerichten hingegen abgelehnt. Zwar zieht auch das Landgericht Mainz den Status als Powerseller als Indiz heran, allerdings spreche für eine Unternehmereigenschaft auch schon eine hohe Anzahl von Verkäufen, wenn das eBay-Mitglied beispielsweise innerhalb von zwei Jahren ungefähr 250 Kaufverträge abgeschlossen hat (PDF-Datei). Entgegen der vorgenannten Entscheidung des Landgerichts Coburg vertritt das Amtsgericht Bad Kissingen den Standpunkt, dass neben der Eigenschaft als Powerseller auch Mitgliederbewertungen herangezogen werden können und lässt bereits 154 Bewertungen innerhalb von zwei Jahren und drei Monaten für eine gewerbliche Tätigkeit ausreichen (PDF-Datei). Ein zusätzliches Kriterium zieht abermals das LG Mainz heran. Danach indiziert auch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie etwa die Integration einer Vertragsstrafe für den Fall der nicht fristgerechten Abholung der Ware, ein Handeln als Unternehmer (PDF-Datei). (Noogie C. Kaufmann) / (pmz)