Biometriepass mit verschärfter Zugangskontrolle und E-Signatur ab 2007

Die Bundesregierung hat ihren zweistufigen Plan zur biometrischen Aufrüstung von Pässen erläutert; die Kosten für das Großprojekt sind nach wie vor unklar.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 164 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Bundesregierung hat ihren Plan zur biometrischen Aufrüstung der Pässe der Bundesbürger in einer jetzt vorliegenden Antwort (Bundestagsdrucksache 15/4616) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion (Drucksache 15/4457) erläutert. Demnach soll die Einführung der Körpermerkmale in die amtlichen Dokumente in zwei Stufen erfolgen: Die Verwendung der Gesichtserkennung auf der Grundlage des Passfotos als erstem biometrischen Datum in deutschen Reisepässen ist demnach weiterhin vom Herbst dieses Jahres an vorgesehen. Digitale Fingerabdrücke sowie eine "Bürgerkartenfunktion" zur Verwendung im E-Commerce auf Basis einer elektronischen Signatur sollen "ab dem Jahr 2007" dazukommen. Mit den beiden Schritten will das federführende Bundesinnenministerium die Fälschungssicherheit des Reisepasses "auf ein völlig neues Niveau" heben.

Besonders groß war der mit deutschen Ausweisdokumenten bisher getriebene Missbrauch allerdings nicht. Konkrete Zahlen über Passfälschungen liegen dem Innenministerium zwar nicht vor, 2002 wurden von der Grenzschutzdirektion aber nur 35 Pässe und 30 sonstige Ausweise wegen Verdacht auf Verfälschung oder fälschliche Ausstellung untersucht. Diese Situation stimmt laut dem von Otto Schily geführten Ministerium "im Grundsatz mit den Erkenntnissen" des Bundeskriminalamts (BKA) und Landeskriminalämtern überein und habe sich "in den Folgejahren prinzipiell nicht verändert". Trotzdem freut sich das Innenministerium, dass mit den biometrischen Merkmalen künftig "eine eindeutige und maschinell prüfbare Bindung von Person und hochwertigem Ausweis- bzw. Reisedokument gewährleistet" werde. Notwendig mache den Einbau der Körperkennzeichen zudem die umstrittene, geänderte US-Einreisepolitik.

Ernsthafte Probleme mit der biometrischen Identifizierung und der Arbeitsfähigkeit der dafür benötigten großen IT-Systeme erwartet das Innenministerium nicht. Studien des Schily unterstellten Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wie BioFinger oder BioFace und Analysen des Büros für Technikfolgenabschätzung (TA) des Bundestags gehen dagegen davon aus, dass die Anzahl von fehlerhaft erkannten und fehlerhaft zurückgewiesenen Personen erheblich sein dürfte. Bürgerrechtsorganisationen können keinen Sicherheitsgewinn erkennen und erwarten gar eine "Welle an Hightech-Identitätsdiebstählen".

Das Innenministerium verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es "aus Gründen des Datenschutzes" in den für die Erarbeitung der technischen Spezifikationen zuständigen Gremien der Internationalen Zivilen Luftfahrtorganisation ICAO eine "verschärfte technische Zugangskontrolle für die Chips durchgesetzt" habe. Laut den ICAO-Planungen sollen die biometrischen Merkmale auf einem Funkchip gespeichert und per Radio Frequency Identification (RFID) kontaktlos ausgelesen werden können. Das Innenministerium betont aber, dass auf Grund seines Einsatzes "nur befugte Stellen" nur mit Mitwirkung des Passinhabers "Zugang zu den Daten auf den Chips haben" würden. Der Datenschutz soll dabei durch eine "wirksame Kombination aus kryptographischer Verschlüsselung und Verwendung eines Zugangsberechtigungskontrollsystems" in Form einer Public-Key-Infrastruktur gewährleistet werden.

Zu den Kosten der Hightech-Pässe kann die Bundesregierung nach wie vor keine genauen Angaben machen. Auf Basis der Studie des TA-Büros des Bundestags kursierten Zahlen von einer Gebühr bis zu 300 Euro pro Pass. Das Innenministerium erwartet aber eine Reduktion der finanziellen Anforderungen durch das gemeinsame EU-weite Vorgehen bei den Biometriepässen und den sich daraus ergebenden hohen Ordersummen bei den Funkchips. Die Ausstellungskosten sollen auf jeden Fall weiterhin in vollem Umfang auf die Passgebühr umgelegt werden.

Das Innenministerium schweigt sich zudem weiter aus über die Frage, wie die auf dem Umweg über Brüssel ohne jegliche parlamentarische Debatte beschlossene Aufrüstung der Pässe auch mit Fingerabdrücken mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz von Anfang 2002 in Einklang gebracht werden soll. Darin hat sich der Bundestag ein Mitspracherecht über die Form und die Anzahl der zu verwendenden Körperkennzeichen ausbedungen.

Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz kritisierte gegenüber heise online daher auch das Vorhaben Schilys. Angesichts der "praktisch nicht vorkommenden Fälschungen von Ausweisen in Deutschland" ist ihrer Ansicht nach der Beitrag der Entscheidung zur wirksamen Terrorismusabwehr "mehr als fraglich". Vielmehr würden im Windschatten der Angst Dinge durchgewunken, die ansonsten weit kritischer hinterfragt würden. Den Fingerabdruck als zusätzliches biometrisches Merkmal aufzunehmen, sei unnötig gewesen und erhöhe nur die Fehleranfälligkeit des Systems. (Stefan Krempl) / (jk)