SPD-Innenminister für Vorratsdatenspeicherung

Auf der Innenministerkonferenz will sich der Innenminister der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg für die Vorratsdatenspeicherung stark machen. Der NRW-Innenminister will eine sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung. Die Grünen sind erzürnt.

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Das grün-rot regierte Baden-Württemberg will sich auf der Innenministerkonferenz am Mittwoch in Frankfurt am Main dafür einsetzen, dass die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt wird. Das kündigte am Montagabend der baden-württembergische Ressortchef Reinhold Gall (SPD) laut NDR Info an. Er meinte, dass es eine Sicherheitslücke im Kampf gegen Terror und Kriminalität gebe.

Gall setzt sich dafür ein, die Verbindungsdaten von Telefon und Internet für sechs Monate zu speichern; sie dürften aber nur genutzt werden, um besonders schwere Verbrechen aufzuklären. Als das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr das Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung gekippt hatte, betonte Gall noch einmal, dass Telefon- und Internetdaten nur bei konkreten Verdachtsmomenten aufgezeichnet werden sollten.

Der Ende April präsentierte Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD in Baden-Württemberg enthielt kein klares Nein zur Vorratsdatenspeicherung. Die auf Bundesebene regierenden CDU, CSU auf der einen und die FDP auf der anderen Seite konnten sich zu dem Thema noch nicht einigen. Bundesjustizminiersten Leutheusser-Schnarrenberger hatte einen Gesetzesentwurf vorgelegt , der für Telekommunikationsdaten ein Quick-Freeze und für Internet-Verbindungsdaten eine Speicherfrist von sieben Tagen vorsieht. Von Unions-Politikern wurde der Entwurf als inaktzeptabel bezeichnet. In der Innenministerkonferenz ist kein Politiker der FDP vertreten. Umstritten ist auch, ob die Anti-Terror-Gesetze, die nach dem 11. September 2001 beschlossen wurden, verlängert werden sollen.

[Update]:
Der baden-württembergische SPD-Innenminister steht offensichtlich in einer Linie mit anderen SPD-Innenministern in den Bundesländern. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte auf Anfrage der dpa, dass Nordrhein-Westfalen auf der Innenministerkonferenz einen "Kompromiss" zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen werde. Danach sollen die Verbindungsdaten aus Telekommunikation und Internet für sechs Monate gespeichert werden, aber nur bei besonders schweren Verbrechen von den Sicherheitsbehörden genutzt werden können.

Alexander Salomon, grüner Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, erklärte über seinen Twitter-Account als Reaktion auf die Äußerungen von Reinhold Gall, diese seien in der grün-roten Koalition nicht abgesprochen gewesen. "Die Grünen in Baden-Württemberg sind weiterhin gegen die Vorratsdatenspeicherung und werden dem nicht zu stimmen!", betonte er. Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, erklärte: "Grüne sind gegen die Vorratsdatenspeicherung und werden einer Wiedereinführung nicht zustimmen, weder in BaWü noch anderswo."

[2. Update]:
Mittlerweile gibt es offizielle Erklärungen der Grünen-Landesverbände in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zu dem Vorstoß der SPD-Innenminister. "Es gibt keine grün-rote Initiative zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Wir Grüne lehnen die Vorratsdatenspeicherung ab", betonte etwa Chris Kühn, Landesvorsitzender der Grünen Baden-Württemberg. Man sei über den den "vermeintlichen Vorstoß von Innenminister Reinhold Gall zur Vorratsdatenspeicherung" irritiert. Das Festhalten an der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung helfe weder den Strafverfolgungsbehörden, noch schütze es die Bürgerrechte. Auch die Grünen in Nordrhein-Westfalen betonten, dass eine Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung nicht in Frage komme: "Die Grüne Fraktion in Nordrhein-Westfalen lehnt eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung klar ab. Das gilt auch für den aktuellen Vorschlag einiger SPD-Innenminister, den diese im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit auf der Innenministerkonferenz diskutieren wollen", erklärte der innenpolitische Sprecher der grünen NRW-Landtagsfraktion, Matthi Bolte.

Ohne die Zustimmung des Koalitionspartners können aber auch die jeweiligen Landesregierungen im Bundesrat kein Votum für ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung abgeben. In der Regel sehen die Koalitionsvereinbarungen vor, dass sich bei Uneinigkeit im Bundesrat enthalten wird – ein Votum, was nach den Regeln der Ländervertretung den Nein-Stimmen zugeschlagen wird. Die Auseinandersetzungen darum dürften aber noch lange nicht beendet sein: Im Unterschied zu den Grünen ist die SPD in Baden-Württemberg der Ansicht, der Vorstoß von Innenminister Gall bewege sich im Rahmen des grün-roten Koaitionsvertrags, in dem es heißt: "Bei der Vorratsdatenspeicherung setzen wir uns dafür ein, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts präzise einzuhalten." Daraus könne keineswegs ein generelles Nein zu jeder Form von Vorratsdatenspeicherung abgeleitet werden. Die SPD-Landtagsfraktion sehe jedenfalls "in den Äußerungen von Innenminister Reinhold Gall zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung keine Abkehr von grün-roten Vereinbarungen".
(anw)