EU-Bürgerrechtspolitiker für strenge Strafvorschriften zu geistigem Eigentum

Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments will alle "gewerbsmäßigen" Verstöße gegen geistige Eigentumsrechte kriminalisieren und nur Patentverletzungen ausnehmen.

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Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments will alle "gewerbsmäßigen" Verstöße gegen geistige Eigentumsrechte kriminalisieren. Explizit ausgenommen werden sollen allein Patentverletzungen. Konkret beziehen sollen sich die Strafvorschriften dagegen unter anderem auf das Urheberrecht, das Schutzrecht für Datenbanken, das Markenrecht sowie sogar Ansprüche auf Geschmacks- und Gebrauchsmustermodelle. Dies geht aus dem am Wochenanfang abgegebenen Votum der Abgeordneten zum umstrittenen Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte hervor. Letztlich würde gemäß der Änderungsanträge der Anwendungsbereich der Direktive sogar offen bleiben, sodass die Kommission ihn eigenhändig ausweiten könnte.

Zur Erläuterung des Begriffs des "gewerbsmäßigen Ausmaßes" von Rechtsverstößen drängen die Bürgerrechtspolitiker darauf, eine genauere Definition in den Richtlinientext einzufügen. Darunter fallen sollen Handlungen, die "mit der Absicht ausgeführt werden, einen direkten ökonomischen oder gewerblichen Gewinn zu erzielen". Es müsse sich zudem um Aktionen handeln, die in einem so großen Ausmaß durchgeführt werden, dass sie einen "bedeutenden direkten Verlust für den Rechtehalter" verursachen könnten. Verbraucherschützer befürchten, dass darunter auch Tauschbörsennutzer fallen könnten.

Gestrichen werden soll eine besonders umkämpfte Klausel im Kommissionsentwurf, wonach Rechtehalter oder ihre Vertreter mit Strafverfolgern gemeinsame "Ermittlungsteams" bilden und etwa bei Hausdurchsuchungen vereint vorgehen dürfen. Unverändert lassen will der Ausschuss die von der Kommission vorgeschlagenen Strafhöhen: Sie reichen von 100.000 Euro für einfache Vergehen über 300.000 Euro für besonders schwere Straftaten bis zu Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren für "Taten, die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen werden" oder "von denen eine Gefährdung für die Gesundheit oder Sicherheit für Personen ausgeht". Die Änderungsanträge bleiben hinter den Entschärfungen zurück, die der Industrieausschuss der Völkervertretung vor zwei Wochen empfohlen hat. Demnach sollen allein "bewusste Verletzungen von Markenzeichen oder Urheberrechtspiraterie" kriminalisiert werden.

Dem Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) gehen die Korrekturvorschläge beider Gremien nicht weit genug. Er befürwortet zwar die jeweiligen Plädoyers, Patente nicht mehr von der Richtlinie zu erfassen. Gleichzeitig beklagt der Verband aber, dass die Empfehlungen beider Ausschüsse viele "normale Konflikte im Geschäftsbereich" kriminalisieren würden. Gänzlich falsch sei aber der Ansatz der Bürgerrechtspolitiker, gleichsam fast alle erdenklichen Verstöße gegen geistige Eigentumsrechte erfassen zu wollen. Der FFII setzt seine Hoffnungen nun auf den federführenden Rechtsausschuss, in dem der Entwurf nebst bereits ins Spiel gebrachten Änderungen Ende Januar auf der Agenda steht.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (anw)