Opposition legt sich bei Auswertung von Fluggastdaten quer

SPD, Linke und Grüne fordern Nachbesserungen beziehungsweise das Aus für das geplante EU-System zur Analyse von Passenger Name Records und für die im Raum stehenden einschlägigen Abkommen mit Australien und den USA.

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Im Bundestag gibt es große Bedenken gegen das geplante EU-System zur Auswertung von Flugpassagierdaten. "Das Gesamtkonzept des Vorhabens liegt völlig konträr zu deutschen und europäischen Grundrechten", erklärte Konstantin von Notz, innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen, Ende vergangener Woche im Parlament. Dies hätten Untersuchungen des juristischen Dienstes des EU-Rates und der EU-Grundrechteagentur übereinstimmend ergeben. Trotzdem sollten nun offenbar laut Mehrheit der Ratsmitglieder Fluggastdaten sämtlicher internationaler und EU-interner Flüge für über fünf Jahre bevorratet werden, ohne dass nachgewiesen werden muss, dass sie für die Bekämpfung schwerer Verbrechen erforderlich sind.

Es entstünde ein "staatlicher Datenpool, aus dem sich dann unzählige Polizei- und Strafverfolgungsbehörden aus ganz Europa bedienen dürfen", monierte von Notz. "Profilbildung und Rasterung sind ausdrücklich Zweck dieser Vorratsspeicherung." Jedes einzelne dieser Elemente würde seiner Ansicht nach "beim Bundesverfassungsgericht mit Pauken und Trompeten durchfallen". Zudem habe die EU-Kommission in den Verhandlungen mit Australien und den USA über Abkommen zur Weitergabe und Analyse von Passenger Name Records (PNR) "uferlose Speicherfristen" von 5,5 Jahren beziehungsweise 15 Jahren ausgehandelt. Passagiere würden wegen Risiko-Profilen der Sicherheitsbehörden nach nicht nachvollziehbaren Kriterien sortiert. Der juristische Dienst der Kommission selbst habe jüngst die Auffassung vertreten, dass beide Verträge mit EU-Recht unvereinbar seien. Die Grünen fordern daher, vom Europäischen Gerichtshof ein Gutachten einzuholen.

Für die Linken legte Jan Korte dar, der Datenschutz sei laut den britischen Experten von Amberhawk in der geplanten EU-Richtlinie für ein PNR-System unzureichend garantiert. Die meisten EU-Mitgliedstaaten wollten auch Reiseinformationen über alle innereuropäischen Flüge sammeln und analysieren. Diese Daten sollten nicht nur der Strafverfolgung, sondern auch dazu dienen, "Risikoprofile" präventiv zu erstellen. "Manche fantasieren schon über die Erfassung der Reisedaten von Bahnpassagieren und Schiffsreisenden" gab Korte zu bedenken. Das konterkariere "die europäische Idee eines Raumes der Demokratie und der Freizügigkeit".

Wolfgang Gunkel von der SPD meinte, völlig auf die Weitergabe von Fluggastdaten in der EU zu verzichten sei derzeit nicht durchsetzbar. Das damit verknüpfte Anliegen, terroristische und strafrechtliche Bedrohungen abzuwehren, sei prinzipiell auch legitim. Der Richtlinienentwurf beachte die grund- und menschenrechtlichen Garantien aber noch nicht ausreichend. Gunkel bezweifelte, dass der beabsichtigte Datenumfang und die Speicherdauer erorderlich sei. In den USA, wo seit Jahren sämtliche Passagiere überprüft würden, habe das bislang nur zu einem Gerichtsverfahren geführt. Die SPD-Fraktion will daher verhindern, dass Daten automatisch abgeglichen, sondern nur bei einem begründeten Verdacht auf schwere oder terroristische Straftaten mit Richtergenehmigung abgerufen werden.

Die Innenexpertin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, warf Rot-Grün vor, beim ersten PNR-Abkommen mit den USA selbst eine Speicherfrist von dreieinhalb Jahren ohne Pseudonymisierung und ohne besondere Datensicherung als Erfolg gefeiert zu haben. Die Liberalen sähen ein EU-System zur Nutzung von Fluggastdaten und deren Übermittlung an die USA "sehr kritisch". Im EU-Rat sei die Mehrheit aber anderer Meinung. Hier gelte es "leider nur noch, zu retten, was zu retten ist".

Für Clemens Binninger von der CDU/CSU-Fraktion gibt es an den Grundzielen der PNR-Richtlinie "nichts mehr zu rütteln". Für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus seien Kenntnisse über Reisebewegungen von Terrorverdächtigungen unverzichtbar. Aus gutem Grund habe sich Großbritannien gemeinsam mit "einer ganzen Reihe EU-Mitgliedstaaten" dafür stark gemacht, innereuropäische Flüge sofort einzubeziehen. Die geplante Rasterfahndung sei aber nur zulässig, wenn sie an eine konkrete Gefahr geknüpft sei. (anw)