Shoppen im Untergrund

Mit einem virtuellen Supermarkt in U-Bahnhöfen kombiniert die koreanische Kette Tesco Homeplus Online-Shopping und mobiles Internet. Ein Zukunftsmodell für gehetzte Großstädter?

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Von
  • Kristina Bjoran

Mit einem virtuellen Supermarkt in U-Bahnhöfen kombiniert die koreanische Kette Tesco Homeplus Online-Shopping und mobiles Internet. Ein Zukunftsmodell für gehetzte Großstädter?

U-Bahnhöfe sind eher unwirtliche Orte, deren Wände bestenfalls mit nervenden Werbetafeln geschmückt sind. Nicht so in Südkorea: Dort hat die Supermarktkette Tesco Homeplus in U-Bahnhöfen Einkaufsregale installiert, um ein neues kombiniertes Konzept aus Online-Shopping und mobilem Internet zu testen. Pendler können nun auf dem Weg zur Arbeit Joghurt, Tofu und andere Lebensmittel bestellen, indem sie kurz mit der Smartphone-Kamera draufhalten. Eine App erfasst den Code eines jeden Produkts und funkt den gesamten Warenkorb an Tesco Homeplus, das die Lebensmittel dann bis zum Abend an die vom Kunden angegebene Adresse ausliefert.

Der vor kurzem gestartete virtuelle Supermarkt scheint bei den Verbrauchern anzukommen: Bereits 10.000 Kunden haben nach Angaben der Supermarktkette das U-Bahn-Shopping ausprobiert. Die Online-Umsätze seien dadurch um 130 Prozent gestiegen, gibt Tesco Homeplus an, dass mit dem neuen Konzept seinen Rückstand auf den koreanischen Marktführer E-mart verkürzen will.

Home Plus arbeitet in dem Pilotprojekt mit einem Quick-Response-Code (QR). Das quadratische Schwarzweiß-Muster kodiert Produkttyp und Preis, und für jeden eingescannten Code wird die das entsprechende Produkt in den Online-Einkaufswagen gelegt. Die Bezahlung erfolgt ebenfalls über das Smartphone. In Südkorea nutzen rund zehn Millionen Menschen, ein Fünftel der Bevölkerung, Smartphones.

Während QR-Codes seit Jahren in Printmedien, auf Fahrkarten oder in der Logisitik genutzt werden, hat sich der Lebensmittel-Einzelhandel bislang mit dem guten alten Strichcode begnügt und sich auch sonst nicht sonderlich innovativ bei Online-Diensten gezeigt. Zwar kamen die ersten Ideen für Online-Supermärkte schon in der „New Economy“ der neunziger Jahre auf. Doch noch im Jahr 2008 waren die Online-Umsätze etwa der US-Lebensmittelindustrie mit 0,2 Prozent vom Gesamtumsatz – laut Zahlen des US-Statistikamtes – äußerst bescheiden.

Mit dem Siegeszug von Smartphones und „M-Commerce“ könnte sich das ändern. Der Erfolg des Experiments von Home Plus dürfte andere Ketten ermutigen, einen neuen Anlauf im netz-unterstützten Einzelhandel zu wagen. Abel Sanchez vom Intelligent Engineering Systems Laboratory am MIT erwartet denn auch, dass sich das Einkaufen von Lebensmitteln in den nächsten Jahren drastisch verändern wird.

„Smartphones werden definitiv die grafische Schnittstelle zu Einkaufsdienstleistungen“, ist sich Sanchez sicher. „Vergleichen Sie das Web der Anfangstage mit dem Web von heute: In den Neunzigern war es eine Einbahnstraße, kaum anders als ein Buch aus Papier. Jetzt ist es interaktiv. Genau wie die Arbeitswelt und andere Einzelhändler werden auch Supermärkte eine ähnliche Transformation durchmachen.“ (bsc)