1&1 setzt sich für Netzneutralität ein

Der Provider macht sich für das Prinzip stark, dass alle Daten nach identischen Regeln übertragen werden. Qualitätsklassen soll es nur unter engen, festgelegten Bedingungen geben.

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Der deutsche Provider 1&1 bekennt sich in einem heise online vorliegenden Positionspapier "zur Netzneutralität als Prinzip eines freien Internets". Jeder Nutzer müsse Zugang zu jedem über das Netz verfügbaren Inhalt haben, heißt es in der Stellungnahme weiter. Netzbetreibern dürfe es nicht gestattet werden, "den Zugang zu bestimmten Diensten oder Inhalten zu blockieren oder zu behindern". Insbesondere sei jede Form der inhaltlichen Kontrolle unzulässig. Gleichzeitig müsse jeder Anbieter von Diensten oder Inhalten damit auch jeden Nutzer erreichen können.

Der Provider verweist auf die großen Vorteile des bestehenden Internets: die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chancen, die Innovationskraft und die Förderung der Meinungsvielfalt. Diese basierten "wesentlich auf dem Grundprinzip, dass alle Daten nach identischen Regeln übertragen werden und damit alle Inhalte und Dienste die gleichen Chancen haben". 1&1 spricht sich im Kern für den Erhalt des "Best Effort"-Internets aus, in dem die Datenpakete der Reihe nach ohne Vorzugsbehandlung verarbeitet und weitergeleitet werden.

Die vielfach geforderten Qualitätsklassen im Bereich des IP-Transports wertet das Papier als eine "Abweichung vom Prinzip der Netzneutralität". Grundsätzlich will das Unternehmen aus Montabaur derlei Unterscheidungen trotzdem nicht ablehnen. Sie seien beispielsweise für qualitätskritische Anwendungen wie der Internet-Telefonie nötig. Entsprechende Abweichungen sollten aber nur ausnahmsweise unter genau gefassten Bedingungen möglich sein. Dazu zählt 1&1 etwa die vorherige Einführung eines einheitlichen und offenen Standards.

Im Preis sollten sich der "Best Effort"-Verkehr und höhere Verkehrsklassen nach Ansicht von 1&1 nicht unterscheiden. Sollte der Anwender ein entsprechendes Angebot aber nachfragen und bereit sein, dafür mehr zu zahlen, müsste auch hier eine Ausnahme gestattet sein. Werde eine entsprechende Zuordnung dagegen von der Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit der Diensteanbieter abhängig gemacht und die bevorzugte Behandlung von Datenpaketen so "zum handelbaren Gut", benachteilige dies kleine, weniger zahlungskräftige Unternehmen, Startups und nicht-kommerzielle Angebote. Dies führe zu einer Einschränkung von Vielfalt und Innovationskraft.

Art und Bedingungen von "Priorisierungsmaßnahmen" will 1&1 für die Nutzer transparent halten, damit diese gegebenenfalls durch Anbieterwechsel auf Einschränkungen reagieren könnten. Alle Kunden und Diensteinhaber müssten Zugang zu entsprechenden Qualitätsklassen haben, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Die Grundsätze müssen nach Ansicht des Providers gleichermaßen im Festnetz und im Mobilfunk gelten. In jedem Fall bedürfe es klarer Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden, um Missbrauch zu verhindern.

Am Thema Netzneutralität scheiden sich die Geister. Die Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Bundestags hatte sich in der letzten Sitzung vor der Sommerpause nicht auf einen gemeinsamen Ansatz einigen können und eine Beschlussfassung überraschend verschoben. Auch im Providerlager ist die Netzneutralität. Bei der Deutschen Telekom ist von einer "Scheindebatte" die Rede; Vodafone hat sich dafür ausgesprochen, dass Netzbetreiber im Wettbewerb Diensteklassen differenzieren dürfen. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hatte in einer Stellungnahme aus dem vergangenen Jahr einen ähnlichen Ansatz vertreten wie 1&1.

(vbr)