Rechteinhaber wollen Provider EU-weit in die Pflicht nehmen

Die EU-Kommission hat eine Auswertung der Eingaben zur Konsultation über die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum veröffentlicht, wonach Produzenten und Verwerter unter anderem eine Vorratsdatenspeicherung fordern.

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Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften meinen einhellig, dass der gegenwärtige Rechtsrahmen nicht ausreicht, um "der Zunahme an Urheberrechtsverletzungen im Online-Bereich" etwas entgegenzusetzen. Das geht aus der Auswertung (PDF-Datei) der Eingaben zu einer Konsultation über die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum (IPRED) der EU-Kommission hervor. Vor allem sollten Internetprovider verstärkt kooperieren. Befragte forderten Filter- und Überwachungstechniken sowie die Haftungspflichten der Zugangsanbieter auszuweiten. Für ähnliches votierte jüngst die OECD in einem netzpolitischen Papier.

Viele Rechteinhaber betonten laut EU-Kommission, dass Provider Verbindungsdaten nicht lange genug vorhielten, um gegen Copyright-Verstöße vorzugehen. Sie verlangten daher eine Vorratsdatenspeicherung gegen Urheberrechtsverletzer, für die sich hierzulande Medienverbände ebenfalls einsetzen. Alternativ wollten sich einige Rechteinhaber auch mit einer "Quick-Freeze"-Regelung zufrieden geben, bei der IP-Adressen erst bei Verdacht aufbewahrt werden. Spanien votierte für eine Pflicht für die Telekommunikationsanbieter, Verbindungsdaten im Kampf gegen Copyright-Sünder 24 Monate vorzuhalten.

Insgesamt zählte die Generaldirektion Binnenmarkt 380 Stellungnahmen. Der Großteil sei von individuellen Bürgern gekommen, wovon wiederum die Mehrzahl in Frankreich ihren Wohnsitz hätten. Die so vertretene Nutzergemeinde habe sich vor allem besorgt gezeigt, dass neue Durchsetzungsbestimmungen zu strengeren Regeln führen und mit dem Prinzip der Netzneutralität und der Meinungsfreiheit kollidieren könne. Einige meinten, es sollten Ausnahmen vom Urheberrechtsschutz zugunsten von Filesharing geschaffen und das Nutzen von Peer-to-Peer-Netzwerken im Interesse des Kulturaustauschs vollständig zu legalisieren.

Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten hat sich dafür ausgesprochen, die Richtlinie zu verschärfen. Allein Deutschland und Ungarn hätten den gegenwärtigen Rahmen als ausreichend betrachtet. Belgien, Portugal und Großbritannien seien derzeit gegen eine Neuregulierung, da sie noch nicht ausreichendes statistisches Material und Gerichtsentscheidungen zu Wirkungen der Direktive vorliegen sähen. In diesem Sinne hätten sich auch zahlreiche Provider geäußert.

Die Internetwirtschaft befürchtet, dass sich verschärfte Regeln negativ auf die Innovation und das Vertrauen der Verbraucher in digitale Produkte auswirken könnten. An den Haftungsfreistellungen dürfe im Interesse der Rechtssicherheit zudem nach Meinung der Zugangsanbieter nicht gerüttelt werden. Legale Angebote müssten gestärkt werden, da ihr Fehlen ein Hauptgrund für "Online-Piraterie" sei. Verbraucherschutzverbände hätten der Ansicht der Kommission widersprochen, dass der Datenschutz derzeit immer Vorrang habe vor den Interessen der Rechteinhaber.

Die Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net appellierte an die Kommission, die Stimme Netzgemeinde, die sonst in der Debatte über Urheberrechtsreformen oft nicht ausreichend zu Wort komme, ernst zu nehmen. Die große Beteiligungsrate einzelner Nutzer zeige, wie besorgt diese seien um ihre Grundrechte im Internet, erklärte der Sprecher der Vereinigung, Jérémie Zimmermann. Es handle sich um ein klares Votum gegen Pläne, Provider unter dem Aufhänger der "Zusammenarbeit" in eine "Copyright-Polizei" zu verwandeln. Die Kommission müsse von ihrem Vorhaben ablassen, die Rechte an immateriellen Gütern neu auszurichten und eine Copyright-Reform angehen, die neuartige Nutzungen von Inhalten und die Interessen der Öffentlichkeit berücksichtigt. (anw)