Die Lorentzkraft weist den Weg

Die spanische Firma Baolab Microsystems hat einen winzigen digitalen Kompass entwickelt, der mit herkömmlichen Verfahren direkt in einemm Computerchip gefertigt werden kann.

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Von
  • Duncan Graham-Rowe

Die spanische Firma Baolab Microsystems hat einen winzigen digitalen Kompass entwickelt, der mit herkömmlichen Verfahren direkt in einemm Computerchip gefertigt werden kann.

Handys und andere mobile Geräte haben heute serienmäßig Sensoren eingebaut, die ihre Bewegung erfassen. Die Kompasse, Gyroskope und Beschleunigungsmesser unterstützen nicht nur ortsbasierte Dienste, sondern auch die Steuerung der Geräte mittels Kippen oder Drehen. Baolab Microsystems aus Barcelona hat nun eine Technologie entwickelt, die digitale Kompasse kompakter und billiger machen soll. Das Bauteil könnte sich auch als Bewegungssensor für Gegenstände wie Tennisschläger oder Laufschuhe eignen, sagt Nigel Drew, technischer Marketingleiter von Baolab.

Herkömmliche digitale Kompasse werden wie integrierte Schaltkreise mittels Photolithographie aus Halbleitermaterialien hergestellt. Nachteil: Für die Messung des Erdmagnetfelds notwendige Bauteile wie Spulen müssen nachträglich auf den Chip aufgebracht werden. Das macht die Herstellung aufwendiger und teurer.

„Unser Kompass wird hingegen vollständig im CMOS-Verfahren hergestellt“, sagt Drew. CMOS steht für „complementary metal-oxide-semiconductor“ und bezeichnet die in Transistoren übliche Schichtstruktur aus Metall – für die Gatterelektrode –, einem Halbleiteroxid – als Dielektrikum – und dem Halbleiter-Substrat, dessen Elektronenfluss durch die Gatterelektrode gesteuert wird.

Möglich wird die kompaktere Konstruktion, weil Baolab nicht wie herkömmliche Digitalkompasse den Hall-Effekt ausnutzt. Der tritt auf, wenn sich ein stromdurchflossener Leiter – etwa eine Spule – in einem stationären Magnetfeld befindet: Senkrecht zum Magnetfeld und zur Stromrichtung baut sich ein elektrisches Feld auf. Je nach Lage des Leiters zum Erdmagnetfeld ändert sich die Stärke des elektrischen Feldes. Das kann als Spannungsänderung gemessen werden.

Der Baolab-Kompass hingegen nutzt die so genannte Lorentzkraft aus. Sie wirkt auf einen stromdurchflossenen elektrischen Leiter, wenn dieser sich in einem Magnetfeld befindet, senkrecht zur Magnetfeld- und zur Stromrichtung. Von der Stärke, mit der der Leiter aus seiner ursprünglichen Position ausgelenkt wird, kann man nun auf die momentane Orientierung des Magnetfelds schließen.

Das hierfür erforderliche Sensorelement in dem neuen Kompass ist ein mikro-elektromechanisches System (MEMS). Es kann wie Transistoren auf einem Siliziumchip aufgebaut werden, indem man Teile wegätzt und stellenweise Metallschichten hinzufügt. Der Sensor besteht aus einem kleinen Alumuniumstück, das auf Federn gelagert ist. Schickt man Strom durch das Aluminium, wird es in Gegenwart des Erdmagnetfeldes ausgelenkt.

Dadurch ändert sich das Resonanzverhalten des Aluminium-Feder-Gespanns, was wiederum die elektrische Kapazität zwischen zwei benachbarten, parallelen Metallplättchen und dem Aluminiumstück verändert. Aus der Kapazitätsänderung lässt sich dann die Stärke der Erdmagnetfeld-Komponente in der jeweiligen Raumrichtung messen. Drei derartige Sensoren, die jeweils eine der drei Raumrichtungen erfassen, können dann die Orientierung des Erdmagnetfelds – und damit den magnetischen Nordpol – eindeutig bestimmen.

„Dank dieser Kombination aus MEMS- und CMOS-Technik verbessert sich Empfindlichkeit, und die Kompasse lassen sich kompakter bauen“, sagt Hiroshi Mizuta, Nanoelektronik-Spezialist an der Southampton University in England. Die einzelnen MEMS-Sensoren, die Baobab einsetzt, sind nur 90 Mikrometer lang. Nigel Drew geht davon aus, dass der fertige Kompass-Chip nicht länger als drei Millimeter sein wird. Er soll ab 2012 zunächst in GPS-Geräte eingebaut werden. Baolab hat außerdem Prototypen von MEMS-Gyroskopen und –Beschleunigungsmessern entwickelt, die später mit dem Digitalkompass auf einem einzigen Chip untergebracht werden sollen.

(nbo)