Krankenhaussuche im Internet als grobe Orientierungshilfe

Zwar gibt es Internet-Angebote, um das richtige Krankenhaus für eine Behandlung zu finden; nach Ansicht von Verbraucherschützern und Patientenvertretern lässt die Krankenhaussuche im Internet jedoch noch viele Wünsche offen.

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Von
  • Arnd Petry
  • dpa

Irgendwann stehen die meisten Menschen vor solchen Fragen: In welches Krankenhaus soll ich gehen, um mich behandeln zu lassen? Sind die Ärzte dort kompetent? Und ist der Patient dort als Klinikkunde auch König? Mit Hilfe des Internet lässt sich die Suche nach dem passenden Krankenhaus beschleunigen. Neben zahlreichen kommerziellen Angeboten sticht vor allem die Webseite www.klinik-lotse.de heraus, die frei zugänglich ist und von verschiedenen Krankenkassen getragen wird. Nach Ansicht von Verbraucherschützern und Patientenvertretern lässt die Krankenhaussuche im Internet jedoch noch viele Wünsche offen.

Entwickelt wurde der virtuelle Kliniklotse vom Verband der Angestellten-Krankenkassen/Arbeiter-Ersatzkassen-Verband (VdAK/AEV) in Siegburg bei Bonn. Auch wer im Netz zur eigenen Krankenkasse surft – etwa zur Techniker Krankenkasse (TK) oder zur Gmünder Ersatzkasse –, landet beim Kliniklotsen, der vom Bundesgesundheitsministerium beaufsichtigt wird. In die Datenbank des Portals fließen die Qualitätsberichte ein, zu deren Erstellung alle Krankenhäuser seit 2004 gesetzlich verpflichtet sind.

"Die Schwäche des Portals ist, dass es auf den Angaben der Krankenhäuser basiert, die nicht geprüft sind. Und Qualitätsangaben finde ich nur, soweit das Krankenhaus sie freiwillig gemacht hat", räumt Daniela Riese vom VdAK/AEV ein. "Mit dem Kliniklotsen haben wir diese Informationen aber so gut wie möglich verfügbar gemacht." Mit Hilfe des Kliniklotsen können Patienten etwa in Erfahrung bringen, auf welche Behandlungen ein Krankenhaus spezialisiert ist. Für ambulante und stationäre Behandlungen gibt es unterschiedliche Suchbereiche. Das Kriterium "Ausstattung" ermöglicht, nach in der Klinik vorhandenen technischen Geräten und Therapien zu suchen, aber auch nach Bringdiensten, einer Bibliothek oder der Fernsehaustattung der Zimmer. Vor allem lässt sich in Erfahrung bringen, wie häufig eine Klinik welche Eingriffe vornimmt. Der Schluss, den Betroffene daraus ziehen könnten: Je öfter die Ärzte eines Krankenhauses eine bestimmte Operation vornehmen, desto geringer wird das Risiko von Behandlungsfehlern sein, weil der Eingriff für sie Routine ist.

"Ist Masse aber ein Zeichen für gute Qualität?", fragt Wolfram Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) in Heppenheim (Hessen). "Es müsste sehr viel deutlicher auf die Methoden hingewiesen werden, mit denen in der Klinik operiert oder behandelt wird", kritisiert der Experte. Auch Informationen über die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten, Arztzentren, Rehakliniken oder Sozialstationen sind laut Candidus für Patienten wichtige Auswahlkriterien. "Wir vermissen bei Portalen zur Kliniksuche generell deutliche Hinweise auf Todesraten bei einzelnen Eingriffen oder Angaben zu Infektionsraten in den Kliniken."

"Hilfreich ist, dass man anfängt, Patienten solche Vergleichsmöglichkeiten überhaupt zur Verfügung zu stellen", urteilt Stefan Etgeton, Gesundheitsreferent beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin. Portale wie der Kliniklotse seien ein Schritt in die richtige Richtung. "Meine Befürchtung ist aber, dass es am Ende eine reine Marketingmaßnahme der Krankenkassen bleibt." Die Kassen sollten dem Gesundheitsexperten zufolge durch ihre Verträge mit den Kliniken für eine hohe Qualität der Behandlungen sorgen. "Aber die Kontrolle muss von anderen gemacht werden." Dadurch, dass Krankenkassen immer häufiger Vertragspartner bestimmter Kliniken werden, fehle ihnen die Unabhängigkeit. "Die Kassen haben möglicherweise ein Interesse, bestimmte Kliniken besonders zu pushen. Ob sie das auch tun, kann ich nicht behaupten", sagt Stefan Etgeton.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Frage, welche Daten in Portale zur Kliniksuche generell einfließen sollten – und welche nicht: "Wir fordern, dass auch die Daten, die die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) bekommt, für Verbraucher nutzbar werden", sagt Etgeton. "Die sind aber im Moment nur zu internen Verwertung für Krankenkassen und Kliniken vorgesehen."

Wenn der Hausarzt zur stationären Behandlung in einer Klinik rät, sollten die Betroffenen laut DGVP-Präsident Wolfram Candidus zuerst zum Telefonhörer greifen: "Rufen Sie die Abteilung an und bitten Sie um den Rückruf eines leitenden Arztes. Das sollte mindestens ein Oberarzt sein, kein Assistenzarzt." Mit dem Arzt sollte ein Gespräch in der Klinik vereinbart werden, bei dem über den Eingriff gesprochen wird. "Dabei sollten Sie auch nachfragen, ob Ihr Gesprächspartner den Eingriff selbst vornimmt." Wer nach dem Gespräch davon überzeugt ist, beim richtigen Arzt gelandet zu sein, dem rät Wolfram Candidus zu einem Rundgang durch das Krankenhaus. "Gucken Sie, wie viele Leute in den Wartezimmern vor der Radiologie, Urologie oder Computertomografie sitzen. Wenn die alle proppenvoll sind, ist das Zeitmanagement schlecht und die Kundenorientierung gering." (Arnd Petry, dpa) / (jk)