Gericht: Durchsuchung von Attac-Zentrale war rechtswidrig

Die Polizei hatte die Attac-Räume in Frankfurt im April durchsucht, nachdem die Aktivisten ein zum Teil geheimes Gutachten über die Bayerische Landesbank veröffentlicht hatten – zu Unrecht, wie das LG München entschied.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Durchsuchung der Bundeszentrale des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac in Frankfurt im April dieses Jahres war rechtswidrig. Das hat das Landgericht München nach einer Beschwerde von Attac entschieden. Anlass für die Durchsuchungsaktion war die Veröffentlichung eines Gutachtens zu Geschäften der BayernLB auf der Homepage von Attac.

Dem Netzwerk war Ende 2010 von einem anonymen Informanten das Gutachten der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg zugespielt worden, das sich mit den umstrittene Verlustgeschäften der Landesbank befasste und für den Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags erstellt worden war. Der Öffentlichkeit war nur eine Kurzfassung zur Verfügung gestellt worden, die Langfassung mit über 1300 Seiten Umfang blieb unter Verschluss.

Attac hatte die Veröffentlichtlichung der Langfassung damit erklärt, "Informationsblockaden" rund um den Untersuchungsausschuss beseitigen zu wollen. Der Landtag und die mit dem Gutachten beauftragte Kanzlei hatten daraufhin Strafantrag gegen Attac gestellt – unter anderem wegen Urheberrechtsverletzung und Geheimnisverrats. Ein vom Amtsgericht München am 2. März ausgestellter Durchsuchungsbefehl für die Attac-Bundeszentrale wurde am 14. April vollstreckt.

Mit der Beschwerde gegen den Durchsuchungsbefehl hatte Attac Erfolg. Die Richter des Landgerichts kritisieren in ihrem von Attac am Dienstag veröffentlichten Beschluss (Az: 5 Qs 16/11), das Amtsgericht habe bei der Erteilung des Durchsuchungsbeschlusses die Verhältnismäßigkeit nicht beachtet. Zudem sei die Durchsuchung zur Aufklärung des vorgeworfenen Urheberrechtsverstoßes unnötig gewesen, weil verantwortliche Personen den Ermittlungsbehörden namentlich bekannt gewesen seien.

Auch die langsame Vollstreckung wird vom Landgericht kritisiert. So beantragte die Staatsanwaltschaft erst nach drei Monaten die Durchsuchung. Zudem seien wesentliche Teile des Gutachtens vom Landtag selbst veröffentlicht worden. Der "strafrechtliche Unwertgehalt" der Veröffentlichung sei deshalb nicht ausreichend, um eine Durchsuchung zu rechtfertigen. Ob das Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung weiter geführt wird, ist offen. Obwohl Politiker einen Schaden für die BayernLB beklagten, hat die Bank nach Informationen von heise online keinen Strafantrag gestellt.

Attac erwägt unterdessen eine juristische Retourkutsche gegen das Präsidium des Landtags. "Der Landtag hat sein Geheimhaltungsinteresse damit begründet, dass die Veröffentlichung des Gutachtens über die Bayrische Landesbank dazu führen könnte, dass deren ABS-Portfolio an Wert verliere“, erklärt der Attac-Anwalt Michael Günther vertritt. Der Landtag wolle also den Wertpapiermarkt über die wahren Wertverhältnisse der Portfolios im Unklaren lassen. "Dies könnte nach § 4 Absatz 1 Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung eine Straftat sein." (vbr)