Gesetz gegen Telefon-Abzocke ist gescheitert

Rot-Grün ist mit einem Regulierungspaket zur Verbesserung des Kundenschutzes in der Telekommunikation am Widerstand von CDU/CSU nicht vorbeigekommen.

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Das rot-grüne Regulierungspaket zur Verbesserung des Kundenschutzes in der Telekommunikation kann aufgrund des Widerstands der Union nicht in Kraft treten. Die CDU/CSU habe das Gesetz "gegen die Wand fahren lassen", beklagen der Sprecher für Wirtschaft und Arbeit der SPD-Bundestagfraktion, Klaus Brandner, sowie sein für die Telekommunikationspolitik zuständiger Kollege, Hubertus Heil. Man habe im Streit mit der Union Kompromisse angeboten und sei sich zwischen Fachpolitikern weitgehend einig gewesen, betonen sie. CDU-Chefin Angela Merkel habe mit der amtierenden Regierungskoalition aber anscheinend kurz vor den Neuwahlen keinen Kompromiss gewollt.

Vertreter der Opposition hatten den Gesetzesentwurf als "unausgegoren" bezeichnet und seinen Machern eine "Überreglementierung" der Branche vorgeworfen. Der unionsdominierte Bundesrat rief daher den Vermittlungsausschuss an, der sich am gestrigen Montag mit dem Gesetz gegen die Telefon-Abzocke beschäftigen sollte. Die Union ließ das Änderungsvorhaben am Telekommunikationsgesetz (TKG) jedoch von der Tagesordnung nehmen. Es ist damit in seiner jetzigen Form endgültig gescheitert. Die Internetbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Martina Krogmann, hatte bereits vorab angekündigt, dass man das Gesetz "nur neu schreiben" könne. Die SPD-Politiker Brandner und Heil meinen, die Leidtragenden seien nun "die Verbraucher" und die Telekommunikationsbranche werde nun vorerst weiter "durch schwarze Schafe in Misskredit gebracht".

Der Bundestag hatte Mitte Juni mit rot-grüner Mehrheit und gegen die Stimmen der Opposition das Gesetz "zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften" noch kurz vor der Abstimmung über die Vertrauensfrage durch Bundeskanzler Gerhard Schöder (SPD) verabschiedet. Es sah insbesondere vor, dass Telekommunikationsanbieter ihre Endkunden über die Kosten von Mehrwertdiensten umfassend hätten unterrichten müssen. Ein Warnhinweis war vorgesehen, wenn bei Abonnements mehr als 20 Euro im Monat fällig werden. Die Preishöchstgrenze für Mehrwertdienste im Mobilfunk sollte auf 3 Euro angehoben werden. Preisansagen wären nicht nur bei Premiumdiensten sowie Auskunftsdiensten über 2 Euro zu schalten gewesen, sondern bei allen "Call by Call"-Gesprächen. SMS-Dienste ab 1 Euro hätte der Besteller im so genannten Handshake-Verfahren bestätigen müssen. Automatische Rückrufbitten zu Mehrwertdiensten sollten verboten werden. Auch Verschärfungen zu den Dialer-Regelungen waren vorgesehen. So sollte etwa die Sperrung ganzer Rufnummergassen kostenfrei und die Durchsetzung der Blockaden strenger kontrolliert werden.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte Ende vergangener Woche die unionsgeführten Bundesländer noch aufgerufen, die vom Bundestag beschlossenen Maßnahmen für einen besseren Verbraucherschutz bei Telefondiensten nicht im Vermittlungsausschuss scheitern zu lassen. "Intransparente und überteuerte Angebote, die zur Verschuldung Jugendlicher beitragen, verdienen keine Schonung", argumentierte Vorstandsmitglied Edda Müller. Vor allem bei versteckten SMS-Abos gebe es Probleme. Die dubiosen Praktiken von SMS-Premium-Diensten und 0190er-Betreibern hätten zu einer "Flut von Beschwerden" bei den Verbraucherzentralen geführt. Müller warf CDU/CSU und FDP vor, beim Verbraucherschutz in der Telekommunikation vorrangig auf die "selbstregulierenden Kräfte des Marktes" zu setzen. Diese hätten aber etwa im Bereich Dialer versagt. Auch das grüne Verbraucherschutzministerium hatte sich in den vergangenen zwei Wochen noch einmal für einen Kompromiss bei dem Gesetzesentwurf stark gemacht. (Stefan Krempl) / (anw)