Kein Witz: Websites abkassiert wegen Heinz Erhardt

Der Lappan-Verlag als Rechteinhaber verschickt zur Zeit Rechnungen an Website-Betreiber, die Erhardt-Gedichte veröffentlichen.

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Von
  • Herbert Braun

Der vor 32 Jahren verstorbene Humorist Heinz Erhardt erfreut sich bei den Deutschen ungebrochener Popularität. Derzeit macht jedoch der Lappan-Verlag als Rechteinhaber auf schmerzhafte Weise deutlich, dass Erhardts Kurzgedichte noch längst kein Volksgut geworden sind: Die von Lappan beauftragte Rechtsanwaltskanzlei KSP hat offenbar zahlreichen Website-Betreibern, die Erhardt-Texte wiedergeben, Rechnungen mit Schadensersatzforderungen geschickt.

Das deutsche Urheberrecht erlaubt Zitate; zulässig sind diese jedoch nur mit Kenntlichmachung als Zitat, mit "Zitatzweck" (das Zitat muss also eigene Ausführungen stützen) und in geringer Länge ("Kurzzitat"). Wer also komplette Erhardt-Gedichte oder Gedichtsammlungen publiziert, dem könnte bald das Lachen vergehen. Die Kanzlei veranschlagt für jedes Gedicht 600 Euro – ein Betrag, der nach Ansicht des Rechtsanwalts Andreas Forsthoff für die oft nur wenige Zeilen langen Texte "weit überzogen" ist. Sein Kollege Dr. Lars Jaeschke bezeichnet dieses Vorgehen sogar als "perfide" .

Im Schluss seines Gedichts "An Rolf", das er einem Jugendfreund widmete, artikulierte Heinz Erhardt selbst seine Haltung zum Rechtssystem (als Kurzzitat!):

"Allein, ein Freund bliebst Du mir nicht.
Ich wurde ja auch nur Poet,
Du aber bist beim Amtsgericht."

Korrektur: Bei den Schreiben der KSP handelt es sich offenbar nicht (wie hier ursprünglich stand) um Abmahnungen, sondern um Schadensersatzforderungen, in denen die Kanzlei mit einer Abmahnung droht. Eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung könnte nach Einschätzung von Rechtsanwalt Markus Kompa noch deutlich teurer werden, da deren Kosten zur Schadensersatzforderung dazukommen. Kompa bewertet denn auch das Vorgehen des Lappan-Verlags und von KSP anders als seine Kollegen: "Damit hat sich der Verlag, der nun einmal die Rechte an diesen Texten selbst für Geld erworben hat, fairer verhalten als alle anderen mir bekannten Rechteinhaber, die ihre Anwälte von der Kette lassen. Obwohl ich die Gegenseite vertrete, möchte ich dem Verlag meinen Respekt dafür aussprechen." (heb)