Diskussion um Urheberrechtsreform in der Schweiz

Bis Ende Januar haben Interessengruppen in der vorparlamentarischen Phase noch Zeit, sich zum Vorentwurf zu einer Teilrevision des Schweizer Urheberrechts zu äußern. Mitunter wird dabei kräftige Kritik laut.

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Auch in der Schweiz steht eine Revision des Urheberrechts an. In der vorparlamentarischen Phase können sich Interessengruppen im so genannten Vernehmlassungsverfahren zu einem Vorentwurf (PDF) des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) äußern. Mit dem Entwurf will das EJPD im Auftrag des Schweizer Bundesrats den Urheberrechtsschutz an die "Bedürfnisse der Informationsgesellschaft" anpassen.

Bestandteile des Vorentwurfs sind unter anderem ein Umgehungsverbot für Zugangs- oder Kopiersperren, ein "Schutz der Nutzer und Konsumenten vor einer missbräuchlichen Anwendung der technischen Kontrollmöglichkeiten" und eine Geräteabgabe, die den Einzug der Vergütung für das Fotokopieren von Werken in kleinen und mittleren Unternehmen vereinfachen soll. "Die Revision des Urheberrechtsgesetzes verfolgt insbesondere das Ziel, die vom Bundesrat unterzeichneten WIPO-Abkommen von 1996 betreffend das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte zu ratifizieren", teilt das EJPD mit. Damit will die Schweiz einen Beitrag zur weltweiten Harmonisierung des Urheberrechtsschutzes leisten. Auch werde die Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft berücksichtigt.

Die Verwertungsgesellschaften fordern laut eines Berichts des Schweizer Tagesanzeigers Abgaben auf alle Datenträger, auf denen urheberrechtlich geschütztes Material wie Texte, Musik oder Filme gespeichert werden können. Diese würden auch beim Kauf eines MP3-Players, bei Handys und auch bei Schweizer Taschenmessern mit USB-Stick fällig. Die SP-Nationalrätin Anita Thanei fordere, die bereits bestehende Vergütung auf Leermedien auf jedes zur Vervielfältigung geeignete Gerät auszuweiten.

In der Schlussphase der vorparlamentarischen Diskussionen um Kopierschutz und Verwertungsabgaben äußern sich auch kritische Stimmen. Der Musikexperte Albrecht Gasteiner meint demnach, die Forderungen der Verwertungsgesellschaften seien damit vergleichbar, dass die Polizei gleich nach dem Kauf eines Autos prophylaktisch dem Fahrzeughalter eine Buße aufdrücken würde. Der Präsident des Wirtschaftsverbandes Swico, Jürg W. Stutz, meint laut Tagesanzeiger, die zusätzliche Belastung auf den Kaufpreis eines neuen MP3-Players mit einem GByte Speicher könne so 129 Franken betragen.

Auch Verbraucherschützer wie Matthias Nast befürchten laut NZZ online eine Verteuerung von Speichergeräten; ebenso stoße der Gesetzesentwurf beim Wirtschaftsverband Economiesuisse auf Ablehnung. Er weise gravierende Mängel auf und sei deshalb abzulehnen. Betroffen seien nämlich auch die Festplatten der Datencenter von großen Unternehmen, obwohl dort kaum je Musik oder Filme abgelegt würden.

Ein weiterer Streitpunkt ist die vorgesehene Stärkung von Kopierschutz und Digital-Rights-Management-Systemen. "Künftig sollen nicht mehr die Käufer von Musik und Film bestimmen, was sie damit tun, sondern die Musik- und Filmkonzerne", schreibt der Tagesanzeiger. "Die im Gesetz weiterhin erlaubte Privatkopie gerät angesichts solcher Aussichten zur reinen Alibiübung."

In Deutschland hat die Bundesregierung vergangenes Jahr Eckpunkte zum so genannten zweiten Korb der Urheberrechtsrechtsreform vorgelegt, die derzeit noch diskutiert werden. In der ersten Phase der Urheberrechtsnovellierung wurde beispielsweise bereits ein Verbot ins Gesetz aufgenommen, wirksame Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen. (anw)