Bericht: US-Regierung plant jahrelange Vorratsspeicherung von Internet-Daten

Nach den Vorstellungen des US-Justizministeriums sollen Internet-Unternehmen Aufzeichnungen über Online-Aktivitäten ihrer Kunden zwei Jahre lang vorhalten.

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Das US-amerikanische Justizministerium will dafür sorgen, dass Internet-Unternehmen Daten über die Online-Aktivitäten ihrer Kunden für zwei Jahre vorhalten. Zu diesem Thema hätten vor einer Woche Justizminister Alberto Gonzales und FBI-Direktor Robert Mueller Vertreter von Unternehmen wie AOL, Microsoft, Google, Verizon und Comcast zu einem Treffen gebeten, berichten CNet und USA Today. Die US-Regierung plane gesetzliche Bestimmungen, die die Unternehmen dazu verpflichten sollen, die Daten für Ermittlungszwecke bereitzuhalten. Dabei gehe es vor allem um die Verfolgung terroristischer Aktivitäten und Bekämpfung von Kinderpornografie.

Gonzales habe eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit dem Thema befassen soll. Diese treffe sich heute mit einer größeren Gruppe von Vertretern potenziell betroffener Unternehmen, heißt es weiter in den Berichten. Gestern hätten sich Regierungsvertreter bereits mit Datenschutzexperten getroffen. Ein Sprecher des Justizministeriums betonte, es gehe nicht darum, dass die Internet-Unternehmen ihre Daten übergeben müssten, sondern vorhalten. Die bestehende Gesetzeslage lasse es zu, dass die Daten im Bedarfsfall per gerichtlicher Verfügung angefordert werden könnten.

Die New York Times berichtet, die Behörden hätten Interesse an Daten, die Rückschlüsse darauf zuließen, welche Websites eine in ihr Visier geratene Person aufsuchte und welche Suchbegriffe sie benutzte. Weiter interessiere sich das FBI für E-Mail-Kontakte, aber nicht für die Inhalte der E-Mails. Dabei beruft sich die Zeitung auf eingeweihte Manager, die ihre Namen nicht genannt haben wollen.

Der US-Justizminister hatte in einer Rede im April bedauert, dass die Ermittlungen gegen Kinderpornografie behindert würden, da Internet-Unternehmen die nötigen Daten nicht ausreichend lange aufbewahrten. Gegenwärtig praktizieren US-Provider in Absprache mit Ermittlern das "Quick Freeze"-Verfahren, bei dem sie Verbindungsdaten nur in konkreten Verdachtsfällen aufbewahren müssen. Gemäß einer Klausel im Electronic Communication Transactional Records Act kann dabei eine bis zu 90-tägige Speicherfrist angeordnet werden.

Gonzales machte sich im April für die Vorratsspeicherung von Internetdaten stark und kündigte neue Bestimmungen an, nach denen Telekommunikationsunternehmen unter Strafandrohung dazu verpflichtet werden sollen, kinderpornografisches Material zu melden. Auch soll das Gesetz verhindern helfen, dass Internetnutzer unbeabsichtigt kinderpornografische Bilder zu sehen bekommen. Doch in der Diskussion mit den Internet-Unternehmen habe Gonzales so wie Mueller begründet, die Daten der Kunden würden für den Kampf gegen den Terrorismus benötigt, geht aus den Berichten hervor.

An dem Treffen mit Datenschützern hat demnach auch Marc Rotenberg, Chef der Organisation Electronic Privacy Information Center (EPIC), teilgenommen. Die New York Times zitiert ihn, es sei auch darüber gesprochen worden, die Daten der Internet-Unternehmen für die Aufklärung anderer Vergehen wie den Diebstahl geistigen Eigentums und Betrug zu verwenden. Seines Erachtens scheint es deutlich, dass die Motive der Regierung über Terrorismus und Kinderpornografie hinausgehen. Manager der involvierten Internet-Unternehmen äußerten sich laut den Berichten skeptisch über die möglichen Kosten und den Umfang der erforderlichen Maßnahmen.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten in Europa siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online): (anw)