"Datenschutz ist Menschenrecht"

Auf der 27. Internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten in Montreux soll ein Prinzipienkatalog verabschiedet werden, der weltweit ein Mindestmaß an Datenschutz garantiert -- unabhängig von existierenden nationalen Gesetzen.

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Von
  • Monika Ermert

Datenschutzbeauftragte aus 32 Ländern wollen einen Prinzipienkatalog verabschieden, der unabhängig von existierenden nationalen Gesetzen ein Mindestmaß an Datenschutz weltweit standardisiert. Auf der 27. Internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten in Montreux wollen die Datenschützer am morgigen Freitag eine Erklärung verabschieden, die laut dem bisher vorliegenden Entwurf die Vereinten Nationen anruft, den Schutz der Privatsphäre rechtsverbindlich festzulegen.

"Wir brauchen eine Stärkung des Verständnisses, dass Datenschutz Menschenrecht ist," sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar beim Auftakt der Konferenz am Mittwoch. Details zu der Frage, wie die geplanten Standards tatsächlich kodifiziert werden sollen -- neben einem UN-Dokument ist auch ein ISO-Standard im Gespräch -- müssen laut Schaar erst noch diskutiert werden.

"Datenparadiese, in denen keinerlei Schutz besteht, schaden letztlich allen", sagte Fernando Argüello Tellez, Anwalt bei der Regulierungsbehörde für den Telekommunikations- und Energiemarkt in El Salvador, Siget. Noch gebe es aber zahlreiche Länder, die keinerlei Datenschutzvorschriften haben. Schaar verwies in diesem Zusammenhang auf "das bevölkerungsreichste Land der Welt". Dort hatte die Weitergabe von Daten durch Yahoo kürzlich zur Inhaftierung eines kritischen Journalisten geführt. Aber auch mit Blick auf die USA wünschte sich Schaar, dass die USA sich "noch weiter in Richtung Fair Information Practices bewegen".

Der US-Anwalt Alan Charles Paul, der als Vizechef des von Präsident Bush neu geschaffenen Privacy Board im Gespräch ist, sagte gegenüber heise online: "Was die Prinzipien angeht, sind wir nicht weit auseinander. Die Unterschiede liegen eher in der Durchsetzung und da sind die USA mit zivilrechtlichen Möglichkeiten nicht schlecht. Ich sehe uns da als die kleinere Schwester." Die USA und China sind beide keine offiziellen Mitglieder der Konferenz der Datenschutzbeauftragten.

Mit der Montreux-Erklärung wollen die Datenschützer auch dem Trend entgegenwirken, die Anti-Terrorbekämpfung über die Sicherung von Grund- und Bürgerrechten zu stellen. "Wir erleben Überwachung in einem Maß und einer Tragweite, die es nie zuvor gegeben hat," warnte Ann Cavoukian, Datenschutzbeauftragte der kanadischen Provinz Ontario. "Der Schutz der Privatsphäre ist in Gefahr." Äußerungen des britischen Innenministers Clark zu möglichen Einschränkungen der Europäischen Menschenrechtskonvention belegen das ihrer Meinung nach.

Neben der Einführung von Mindeststandards setzen die Datenschützer auch auf eine Stärkung des Datenschutzes im Alltag. Der Rechtswissenschaftler Yves Poullet empfahl in seiner Analyse der vor zehn Jahren verabschiedeten Europäischen Datenschutzrichtlinie -- der er heute die Geburtstagsrede hielt -- insbesondere die Einführung einer Sammelklage im Datenschutzrecht. Solche Sammelklagen, auch von Verbänden wie den bislang seiner Meinung nach zu zurückhaltenden Verbraucherschützern vorgebracht, könnten die Durchsetzung auch in Europa deutlich verbessern.

Ob Europas Datenschutzrichtlinie novelliert werden sollte, dazu gehen die Meinungen auseinander -- auch wenn allseits anerkannt wird, dass die Richtlinie gescheitert ist, was die Harmonisierung der Gesetzgebung in Europa angeht. Bereits die Frage, was überhaupt "persönliche Daten" sind, wird in den Mitgliedsländern nach wie vor sehr unterschiedlich beantwortet. "Vielleicht wäre eine Verordnung mit mehr Eingriffsmöglichkeiten für die Kommission geeigneter", sagte Alfred Büllesbach, Konzerndatenschutzbeauftragter bei DaimlerChrysler. Büllesbach ist allerdings gegen eine rasche Novellierung bevor mehr Erfahrungen mit der Richtlinie gesammelt wurden, die das letzte Mitgliedsland erst im vergangenen Jahr umgesetzt hat. Ohnehin ist ein Novellierungsvorschlag angesichts des derzeitigen Brüsseler Streits um die Vorratsdatenspeicherung mindestens bis Ende des Jahres nicht zu erwarten. Parlament, Kommission und Rat steuern in dieser Frage auf einen institutionellen Konflikt zu, der morgen auch noch einmal die Datenschützer beschäftigen wird. (Monika Ermert) / (anm)