Microsoft verzeichnet erneut Geschäftsrekorde

Ausgezeichnete Geschäfte der Server-Sparte und eine erfolgreicher Entertainment-Bereich, der erstmals einen operativen Gewinn verzeichnete, trugen vor allem zum weiteren Anstieg von Umsatz und Gewinn bei Microsoft bei.

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Von
  • Jürgen Kuri

Steigende Investitionen in PCs und Server halfen Microsoft auch im zweiten Quartal seines Geschäftsjahres -- und auch die Spieler trugen ihr Scherflein zu den Bilanzen bei Microsoft bei, die besser als von den Analysten erwartet ausfielen: Unter anderem die Freigabe von Halo 2 führte zu einem ausgezeichneten Ergebnis der Entertainment-Sparte Microsofts, die zum ersten Mal einen operativen Gewinn verbuchte. 6,4 Millionen Kopien des Spiels seien verkauft worden, berichtete Microsoft bereits vergangene Woche, als der Konzern stolz die Zahl von 1,4 Millionen Mitgliedern beim Online-Dienstes Xbox Live für seine Spielkonsole verkündete.

Nun verzeichnete Microsoft für das zweite Geschäftsquartal insgesamt erneut Rekorde: Bei einem Umsatz von 10,82 Milliarden US-Dollar (plus 7 Prozent) kam ein Nettogewinn von 3,46 Milliarden US-Dollar (32 Cents pro Aktie) zu Stande. Der Nettogewinn im gleichen Vorjahresquartal war im Vergleich dazu durch einmalige Sonderausgaben durch den Wechsel im Aktienprogramm für Mitarbeiter geschmälert. Analysten hatten für das zweite Quartal des Geschäftsjahrs 2005 bei einem Umsatz von 10,55 Milliarden US-Dollar einen Gewinn von 29 Cents pro Aktie erwartet, mehr als Microsoft selbst: Zwischen 10,3 und 10,5 Milliarden US-Dollar Umsatz und einen Gewinn von 28 Cent pro Aktie hatte Microsoft prognostiziert.

Besonders angetrieben wurde das Ergebnis von noch besser als erwartet laufenden Verkäufen der Client- und Server-Betriebssysteme: Die Zahlen des Chip-Weltmarktführers Intel, der von guten PC-Verkäufen und hohen Investitionen in Server-Systeme sprach, wiesen bereits darauf hin, dass auch Microsoft in diesem Bereich gute Geschäfte zu erwarten hatte. Die Serversparte alleine wuchs bei Microsoft nun um 18 Prozent, die Client-Sparte noch einmal um 5,2 Prozent.

Bei der Client-Sparte (alle Windows-Betriebssysteme für Desktop-Rechner) stieg der Umsatz im Jahresvergleich von 3,059 auf 3,221 Milliarden US-Dollar; der operative Gewinn kletterte von 2,095 auf 2,530 Milliarden US-Dollar. Server and Tools (unter anderem Windows Server 2003, Exchange, Entwicklungswerkzeuge) erzielte einen Umsatz von 2,523 Milliarden US-Dollar (Vorjahr: 2,146 Milliarden US-Dollar), und nach einem operativen Verlust von 209 Millionen US-Dollar kam nun wieder ein Gewinn von 913 Millionen US-Dollar zu Stande.

Information Worker (etwa Microsoft Office) musste einen leichten Umsatzrückgang von 2,862 auf 2,777 Milliarden US-Dollar hinnehmen, steigerte den operativen Gewinn aber von 1,830 auf 2,026 Milliarden US-Dollar. Business Solutions (Great Plains, Navision) blieb beim Umsatz nahezu unverändert (211 statt 210 Millionen US-Dollar), konnte aber die Verluste stark eindämmen: Statt 139 Millionen waren es noch 29 Millionen US-Dollar Miese. Die Handy-und PDA-Sparte Mobile und Embedded Devices dürfte ähnlich wie die Business-Softwarebeteilung bei Microsoft immer noch unter der Rubrik "Investition in die Zukunft" laufen: Der Umsatz stieg auf niedrigem Niveau von 63 auf 91 Millionen US-Dollar; der Verlust verringerte sich von 110 auf 4 Millionen US-Dollar.

Der Bereich Home and Entertainment (XBox, Konsolen- und PC-Spiele) habe ein Rekord-Ergebnis erzielt, freute sich das Microsoft-Management: "Unsere Xbox-Sparte feuerte aus allen Rohren", kommentierte Robbie Bach, Microsofts Senior Vice President für diesen Bereich. Man habe nicht nur Rekordverkäufe bei der Software erzielt, sondern auch im Weihnachtsgeschäft mehr Konsolen verkauft als die Konkurrenz. Der Umsatz stieg von 1,267 auf 1,407 Milliarden US-Dollar, während der Gewinn bei 84 Millionen US-Dollar lag -- hier war im Vorjahresquartal noch ein Verlust von 397 Millionen US-Dollar entstanden.

Der Online-Dienst MSN legte beim Umsatz erneut leicht zu von 546 auf 588 Millionen US-Dollar, und konnte wieder einen Gewinn von 130 Millionen US-Dollar erzielen, nachdem im Vorjahr noch Verluste von 95 Millionen US-Dollar in der Bilanz standen.

Der deferred revenue (bei Microsoft als unearned revenue geführt und im deutschen Rechnungswesen passiver Rechnungsabgrenzungsposten genannt, siehe dazu Microsoft erwartet schwierigere Geschäfte mit Firmenkunden) wird bei Microsoft immer relativ genau beobachtet. Als deferred revenue bezeichnet man Umsätze vor allem mit Firmenkunden, die bei Service-Verträgen, die über mehrere Jahre gelten, oder beispielsweise bei länger laufenden Lizenz-Abschlüssen zwar schon gemacht wurden, auf Grund der langen Laufzeit der Verträge aber erst über die eigentliche Zeitspanne der Vereinbarungen hinweg realisiert und verbucht werden. Der deferred revenue ist ein Indiz dafür, wie gut das Geschäft mit Firmenkunden läuft und wie erfolgreich Konkurrenzprodukte, etwa aus dem Open-Source-Lager, in das Stammgeschäft von Microsoft einbrechen können. Firmen oder Behörden, die etwa an einen Umstieg auf Linux denken, würden kaum langfristige Verträge für Windows mit Microsoft abschließen oder die entsprechenden Verträge verlängern. Auch die Verzögerungen bei der nächsten Windows-Version Longhorn und die lange Entwicklungszeit für die x64-Version von Windows XP und Windows Server 2003 dürften Microsoft beim deferred revenue nicht gerade hilfreich sein.

Trotzdem lag der deferred revenue, den Microsoft als Umsatz in der Bilanz verbuchen konnte, im zweiten Quartal des Geschäftsjahrs 2005 bei 3,354 Milliarden US-Dollar gegenüber 2,774 Milliarden US-Dollar im Vorjahresquartal und 2,599 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal 2005. Der Bestand an später zu verbuchendem deferred revenue sank zwar von 8,177 Millliarden US-Dollar zum Ende Juni 2004 auf 7,781 Milliarden US-Dollar zum Ende September 2004, stieg aber zum Ende Dezember 2004 wieder auf 7,966 Milliarden US-Dollar. Für Forschung und Entwicklung gab Microsoft im abgelaufenen Quartal 1,437 Milliarden US-Dollar aus; im gleichen Vorjahresquartal waren es noch 2,971 Milliarden US-Dollar.

Für das kommende dritte Quartal erwartet Microsoft nun in einer leicht verbesserten Prognose einen Umsatz zwischen 9,7 und 9,8 Milliarden US-Dollar sowie einen Gewinn zwischen 27 und 28 Cents pro Aktie. Der Aktienkurs von Microsoft, der während des normalen Handels um 0,38 Prozent gestiegen war, kletterte nach Vorstellung der Bilanz zu Beginn des nachbörslichen Handels weiter um über 1,8 Prozent.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)

Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.)
2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell