ICANN schiebt Porno-Domain .xxx auf die lange Bank

Die ICANN-Direktoren wollen mit der designierten Betreiberin der Rotlicht-Zone, ICM Registry, und der eigens als Dachorganisation geschaffenen International Foundation for Online Responsibility nachverhandeln.

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Von
  • Monika Ermert

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat die Entscheidung über die Top-Level-Domain für pornographische Inhalte erneut verschoben. Ein Vertrag liegt zwar seit Monaten fertig auf dem Tisch. Nach dem Einspruch mehrerer Regierungen gegen die Porno-Domain und einem Brief der National Telecommunications and Information Administration an die ICANN-Führung (PDF-Datei) stecken die Direktoren in einer Zwickmühle. Die NTIA ist die offizielle Aufsichtsbehörde für ICANN.

Nun wollen die ICANN-Direktoren mit der designierten Betreiberin der Rotlicht-Zone, ICM Registry, und der eigens als Dachorganisation geschaffenen International Foundation for Online Responsibility (IFFOR) nachverhandeln. Allerdings formiert sich inzwischen auch aus der Erotikbranche der Widerstand. Der US-Erotikanbieterverband Free Speech Coalition warnt in einer Unterschriftenkampagne vor der Einführung der Domain.

Die IFFOR habe keineswegs die behauptete Unterstützung der Branche, so die Kritik. Der Verband stellt sich auf die Seite der Regierungen, die statt einer .xxx-Domain eine .kids-Domain fordern. Über eine .kids-Domain ließen sich für Kinderinhalte besser auffinden. Dazu gab es jüngst einen Vorstoß in der EU. Klar ist, dass eine .xxx-Domain nur dann effektiv arbeiten könnte, wenn Pornoanbieter per Regulierung weltweit zum Umzug von .com nach .xxx gezwungen werden. Dafür fehlen der privaten Netzverwaltung allerdings die Mittel, meinte vor der Direktorensitzung gestern noch USA Today in einem Leitartikel.

Möglicherweise denken ICANNs Direktoren heute wehmütig daran zurück, dass sie sich in der ersten Runde zur Einführung neuer Domains gegen .xxx und .kids entschieden hatten. Der Vorstand hatte damals befürchtet, Erwartungen zu wecken, die das DNS nicht erfüllen kann. Ein Go gaben die Direktoren gestern dafür der Domain .cat für die katalanische Sprachgemeinde. Aus der Frage, ob nicht jede Sprachgemeinschaft Anrecht auf ihre eigene Domain hat, könnten sich weitere Diskussionen ergeben. (Monika Ermert) / (anw)