Innenministerium hält Prüfberichte von elektronischen Wahlmaschinen unter Verschluss

Das Bundesinnenministerium will Prüfberichte von elektronischen Wahlmaschinen, die bei der Bundestagswahl am Sonntag zum Einsatz kommen, "zum Schutz des Firmen-Know-hows des Herstellers" nicht veröffentlichen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Das Bundesinnenministerium (BMI) will Prüfberichte von elektronischen Wahlmaschinen, die bei der Bundestagswahl am Sonntag zum Einsatz kommen, nicht veröffentlichen. Auf Anfrage des Physikers Dr. Ulrich Wiesner erklärte das zuständige Referat V3, eine Veröffentlichung der Prüfberichte nehme das Ministerium zum Schutz des Firmen-Know-hows des Herstellers nicht vor. Wiesner hatte einen c't-Artikel über den Großeinsatz von Wahlcomputern zum Anlass genommen, nähere Informationen zu den Geräten der niederländischen Firma N.V.Nederlandsche Apparatenfabriek (Nedap) einzuholen.

Die Nedap-Geräte sind bisher die einzigen Software-gesteuerten Wahlmaschinen, die nach einer technischen Prüfung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Berlin in der Bundesrepublik die Bauartzulassung durch das BMI erhalten haben. Insgesamt werden etwa 2,5 Millionen Wähler am 18. September ihr Votum elektronisch abgeben. Wahlcomputer vom Typ NEDAP ESD1 kommen unter anderem in den Wahllokalen der Städte Köln, Leverkusen und Langen zum Einsatz.

Dass das BMI die Prüfberichte unter Verschluss hält, wiege vor dem Hintergrund eines Verzichts auf eine zusätzliche, von der Elektronik unabhängige Stimmenerfassung, besonders schwer, kritisiert Wiesner: "Welche Software im Wahllokal tatsächlich zum Einsatz kommt und wie manipulationssicher die eingesetzten Geräte sind, ist weder vom Wähler noch vom Wahlvorstand im Wahllokal zu ermitteln." Das Formular für die Wahlniederschrift sehe konsequenterweise auch gar nicht vor, dass auch nur die vorgebliche Programmversion protokolliert wird.

"Bei einem beleglosen Wahlverfahren, bei dem letztlich nur geprüft werden kann, ob das ermittelte Wahlergebnis mit der Zahl der Wähler konsistent ist, ist das nicht hinzunehmen", verdeutlicht der Diplom-Physiker. "Ich beabsichtige daher, die Wahl in den Wahlkreisen, in denen am Sonntag Wahlcomputer eingesetzt werden, über ein Wahlprüfungsverfahren anzufechten. Das Öffentlichkeitsprinzip und die Transparenz bei der Durchführung von Wahlen ist ein fundamentales Demokratieprinzip und darf nicht der Effizienz bei der Stimmenauszählung geopfert werden." (pmz)