Providerflucht nach Somm-Urteil
Als erster Internet Service Provider zieht die PSINet Inc.
Als erster Internet Service Provider zieht die PSINet Inc. (Herdon, USA) Konsequenzen aus dem Münchner Urteil gegen den ehemaligen Geschäftsführer von CompuServe, Felix Somm, der wegen Beihilfe zur Verbreitung von Kinderpornographie zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 100 000 Mark Geldstrafe verurteilt wurde. In den kommenden drei Monaten will PSINet alle in Deutschland installierten Web-Server mit Kundendaten ins europäische Ausland verlagern. Die hiesige Infrastruktur soll allerdings weiter ausgebaut werden; PSINet will weiterhin als Provider tätig bleiben. Der Provider betreut weltweit über 30 000 Firmenkunden.
In dem Münchner Verfahren hatte sich schließlich sogar der Staatsanwalt der Expertenmeinung angeschlossen, daß CompuServe die Sperrung der betreffenden Inhalte von News-Gruppen nicht zumutbar gewesen sei, und Somm somit nach dem Teledienstegesetz freigesprochen werden müsse. Das Urteil des Amtsgerichts wertet der deutsche Geschäftsführer von PSINet, Helmut Blank, daher als Ausdruck einer zunehmenden Rechtsunsicherheit. William L. Schrader, Gründer und Chef der PSINet Inc. will mit dem Abzug der Server angesichts dieser Rechtsunsicherheit sowohl das eigene Top-Management als auch die Führungskräfte der Kunden schützen. Wegen der Menge von über 100 Millionen Web-Seiten weltweit sei die Kontrolle durch die Provider weder zumutbar noch technisch durchführbar. Er hält sie außerdem für nicht wünschenswert, weil dies einer Zensur gleichkäme, die man "eher in Staaten wie China erwarte". (ad)