KJM bewertet Jugendschutzprogramm positiv

Erstmals hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ein Jugendschutzprogramm als positiv bewertet. JusProg soll eine offizielle Anerkennung bekommen, sobald es "faktisch umgesetzt" sei.

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Von
  • Monika Ermert

Licht am Ende des Tunnels für Jugendschutzprogramme? Nach acht Jahren hat die Kommission für Jugendmedienschutz erstmals ein Jugendschutzprogramm als positiv im Sinne des 2003 verabschiedeten Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) bewertet. Sobald das JusProg-Jugendschutzprogramm „faktisch umgesetzt" sei, so teilte die KJM gestern mit, werde es eine offizielle Anerkennung bekommen. Laut Stefan Schellenberg, Mitbegründer des JusProg e. V., integriert das Programm drei Einzelkomponenten: Ein auf Alters-Selbstklassifizierungen der Anbieter basierendes Filtersystem, eine von JusProg gepflegte Filterliste und von Eltern frei gestaltbare Black-und Whitelists. Von der Bundesprüfstelle für jugendgefährende Medien indizierte Seiten werden dabei automatisch blockiert.

JusProg, dessen Entwicklung durch Mitgliedsbeiträge des gleichnamigen Vereins (Mitglieder sind unter anderem der Bauer Verlag, Beate Uhse, Bild.de und Freenet; derzeit kommen noch ca. 30 Prozent der Mitglieder aus der Erotikbranche) finanziert wird, war in der Vergangenheit bereits als einer von vier Modellversuchen von der KJM zugelassen worden. Bei diesem Testlauf musste JusProg jedoch einige Federn lassen, nachdem publik wurde, dass selbst Webangebote von CDU-Ortsverbänden oder Seiten von taz und Telepolis blockiert wurden

"Wir haben eine Menge gelernt", kommentiert Schellenberg. Insbesondere hätten damalige Spider, die zur automatisierten Seitenklassifikation eingesetzt wurden, lediglich Negativbewertungen vorgenommen. Bestimmte Begriffe im Angebot hätten automatisch zu einer hohen Altersklassifikation geführt. Die Spider im neuen JusProg seien smarter und rechneten mit positiv bewerteten Begriffen auf – etwa um Nachrichtenformate auszuschließen. Rund 550.000 Seiten sind im JusProg-Programm aktuell nach Alterstufen klassifiziert, teils durch Spider, teils durch das sechs Mann große Rating-Team. Für Kinder bis 12 Jahren arbeitet JusProg mit einer Whitelist auf der Basis der Kindersuchmaschine FragFinn .

Das wirklich Neue in JusProg ist das vorgesehene Auslesen von Labels, die sich die Anbieter selbst gegeben haben – "Selfrating and Filtering" ist eigentlich ein altes Konzept. Im Unterschied zur Plattform der Internet Content Rating Association (ICRA) werden beim von Schellenberg selbst mitentwickelten age-de.xml (PDF-Dokument) keine Inhaltsbeschreibungen, sondern lediglich Altersstufen abgelegt. Der mit der AG Technik des Runden Tisches zum Jugendmedienschutz abgestimmte Vorschlag erlaube das Hinterlegen von xml-Labels für 0, 6, 12, 16 und 18 Jahre und ähnele der für Google Sitemap oder robots.txt verwendeten Technologie, so Schellenberg. Jugendschutzprogramme beliebiger Anbieter können in Zukunft die auf dem Server des Anbieter liegende Alterskennzeichnung auslesen. Ein einfaches Label mit einer einzigen Altersklasse für die eigene Seite lässt sich schon jetzt über die JusProg-Seite erstellen.

Schellenberg unterstreicht, dass alles, was nicht gelabelt ist, per default erst einmal durchgelassen wird, wenn es nicht auf der JusProg-Liste oder einer Blacklist der Eltern auftaucht. Wäre der gescheiterte Jugendmedienschutzstaatsvertrag in Kraft getreten, hätte Eltern auch hier eine Option eröffnet werden müssen, alles Nicht-Gelabelte auszuschließen. Der Kritik an den notgedrungen weiter grobschlächtigen Filtersystemen ist sich Schellenberg bewusst: "Wir sperren gar nichts", sagt er, "und die Eltern sind der höchste Souverän." Grundsätzlich könnten sich die Eltern für oder gegen den Einsatz eines Jugendschutzprogramms entscheiden. Es stünde Ihnen frei, für ihren 12-Jährigen die Stufe "ab 16" freizuschalten. Ihre Einträge auf der Black- und Whitelist im JusProg-Programm gingen grundsätzlich vor, sowohl was die Selbstklassifizierung als auch die JusProg-Liste anbelange.

Bei der KJM feiert man die mögliche Zulassung eines ersten Jugendschutzprogramms als wichtigen Schritt, um „den altersdifferenzierten Zugang zum Internet" zu verbessern. Worauf es aus Sicht der KJM nun ankommt, ist die Bereitschaft auf Seiten der Anbieter, ihre Seiten nun auch zu klassifizieren. In der Pressemitteilung wird verklausuliert darauf hingewiesen, dass wer jetzt schon labelt (nur bis ab 16), auch in den Genuss der vom Staatsvertrag vorgesehenen Privilegierung kommen soll. Die geringe Begeisterung für die Selbstklassifizierung war stets als Problem von „Selfrating und Filtering"-Konzepte beurteilt. Besserung erhoffen sich KJM und Selbstkontrolleinrichtungen von den in Vorbereitung befindlichen Tools, die beim Erzeugen der Labels helfen. In der kommenden Woche will die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM) ihre dafür entwickelte Plattform vorstellen, ein weiteres Tool bietet seit heute die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). (uma)