Systemhaus-Geschäftsführer zwischen Jubel und Bangen

Nachdem sich die meisten IT-Systemhäuser über ein hervorragendes erstes Halbjahr freuen konnten, blicken sie den kommenden Monaten mit gemischten Gefühlen entgegen. Schuldenkrise, Börsenturbulenzen und die Stimmungsverschlechterung in der Wirtschaft machen Sorgen.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Dr. Peter Gerathewohl, neu im Managementteam der Allgeier IT Solutions GmbH,

letztens saß ich mit einigen Bekannten aus der Branche zusammen und plötzlich tauchte die Frage auf, wer das viertgrößte Systemhaus in Deutschland sei. So spontan gar nicht mal so einfach zu beantworten. Die ersten Drei sind klar: Computacenter und Bechtle, die sich einen Kampf um die Nummer-1-Position liefern. Dann kommt erst mal lange nichts. Mit deutlichem Abstand folgt Cancom auf Platz drei. Dann erst mal wieder lange nichts. Und dann könnte – nach den Umbrüchen in der Systemhauslandschaft der vergangenen Jahre – jetzt schon die Allgäuer-Gruppe kommen, die sich auf einem strammen Expansionskurs befindet. Die Unternehmen der Allgeier-Holding haben 2010 knapp 309 Millionen Euro umgesetzt, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um immerhin 38 Prozent entspricht. Natürlich trugen auch Firmenzukäufe dazu bei, was die Leistung aber nicht schmälert. Das dynamische Wachstum setzte sich im ersten Halbjahr 2011 fort. Die Erlöse stiegen um knapp 28 Prozent auf rund 171 Millionen Euro. Dabei blieb unterm Strich ein Gewinn (EBIT) von 5,2 Millionen Euro, fast eine Verdoppelung gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Kurz und gut: Bei der Allgeier Holding AG und seinen Tochterfirmen handelt es sich um eine gute Adresse in der deutschen IT-Landschaft. Eine Adresse, unter der seit kurzem auch Sie zu erreichen sind, lieber Herr Dr. Gerathewohl. Nach einem kurzen Gastspiel bei Bechtle in Neckarsulm im Jahr 2008/09 und einer anschließenden Verschnaufpause sind Sie seit wenigen Wochen als Mitglied der Geschäftsleitung bei der Allgeier IT Solutions GmbH mit Dienstsitz in München tätig. Allgeier IT Solutions ist die Keimzelle der Allgeier-Gruppe und bereits seit 1977 am Markt aktiv. Sie ist auf ERP-, ECM-, Security- und Infrastrukturthemen spezialisiert und adressiert unter anderem Finanz- und Versicherungsunternehmen. Als ehemaliger Bereichsleiter der Victoria Versicherungs AG (heute Ergo) und späterer Geschäftsführer des Systemhauses ADA kennen Sie sich in dieser Kundengruppe zweifelsohne bestens aus.

Lieber Herr Dr. Gerathewohl, das erste Halbjahr 2011 ist ja nicht nur für die Unternehmen der Allgeier-Gruppe glänzend gelaufen. Auch die Dickschiffe der Systemhauslandschaft wie Computacenter, Bechtle und Cancom melden hervorragende Zahlen. Die Systemhäuser in Deutschland insgesamt können sich über einen Mangel an Arbeit in den ersten sechs, sieben Monaten dieses Jahres nicht beklagen. Wenn man sich allerdings umhört, wie die Erwartungen für die kommenden Monate sind, trübt sich das Bild deutlich ein – nicht nur unter den Systemhäusern selbst, sondern auch unter den Herstellern, welche die Systemhäuser beliefern. Während die einen sagen, dass auch die schönste Welle, auf der man surft, irgendwann wieder in sich zusammenfällt, bekommen es die anderen wegen der aktuellen Börsenturbulenzen, der Schuldenkrise in Europa und der sich verschlechternden Stimmung der Wirtschaft mit der Angst zu tun.

Diese Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen. Aber man sollte den Abschwung auch nicht herbeireden. Die Auftragsbücher in den meisten Systemhäusern sind noch immer gut gefüllt. Im Übrigen gibt es sogar Stimmen, die eine Abkühlung der Konjunktur in Deutschland begrüßen würden, da die Wirtschaft bereits unter einer Überhitzung leide. Viele Firmen arbeiten an der Kapazitätsgrenze oder sogar schon jenseits davon, und das schon seit einiger Zeit. Eine Beruhigung können hier nicht schaden, so die Argumentation.

Tja, wie werden die kommenden Monate ausfallen? Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich weiß es auch nicht. Es sind einfach zu viele Imponderabilien im Spiel. In diesem Jahr irgendwelche Prognosen abzugeben, erscheint ja schon fast unseriös. Frei nach Niels Bohr: Prediction war fast noch nie so schwierig wie heute, especially of the future. Was also sollte man tun? Nach meiner Meinung sollte man sich vor allem nicht verrückt machen lassen, darüber hinaus die Firma schlank und die Kosten niedrig halten und nicht jeden Auftrag annehmen, sondern sehr genau auf die mögliche Wertschöpfung achten.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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